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MiFID II – Segen oder Fluch für das Wertpapiergeschäft?
Executive Education / 31 January 2018
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Senior Programme Manager Executive Education
Thomas Kohrs is head of Asset & Wealth Management in Executive Education at Frankfurt School. He is a qualified banker and focuses on the areas of securities and sales. He has more than 25 years of practical experience as a consultant, trainer and lecturer at Frankfurt School.

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Seit wenigen Wochen sind sie in Kraft: die neuen Regeln für das Wertpapiergeschäft, MiFID II. So ist es Zeit für eine kurze Zwischenbilanz. Die Erleichterungen für die Berater sind klar erkennbar. Das unbeliebte, weil sehr individuelle Beratungsprotokoll, gehört seit dem 3. Januar 2018 der Vergangenheit an. Das findet allgemeine Zustimmung. Ersetzt wurde es durch die Geeignetheitserklärung, in der nur noch die Papiere zu erfassen sind, die dem Kunden auch wirklich empfohlen werden. Die Begründungen, warum ein Papier dem Kunden nicht empfohlen wurde entfallen ebenso wie die individuelle zu formulierenden Begründungen, warum gerade dieses Papier für den Kunden das richtige ist. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite setzt dies aber voraus, dass eine ganze Reihe von Daten durch die Fondsgesellschaften vorgegeben werden. In erster Linie ist dies die so genannte Zielmarktbestimmung. Die Fondsgesellschaften mussten im Vorfeld genau festlegen, für welchen Endkunden diese Papiere wirklich gedacht sind. Diese Hausaufgaben haben viele Gesellschaften leider nicht gemacht. Ein Vertrieb der betroffenen Produkte war damit zu Beginn des Jahres nicht möglich, der Absatz null. Schon aus Eigeninteresse arbeiten die Gesellschaften derzeit mit Hochdruck an der Beseitigung dieses Mankos.

Darüber hinaus besteht bei vielen Banken ein weiteres Problem: Die Pflicht zur elektronischen Aufzeichnung der telefonischen Beratungsgespräche kann deshalb nicht vorgenommen werden, weil die technischen Voraussetzungen fehlen. Die Telefonanlagen einiger Banken sind dafür nicht ausgelegt. Lieferengpässe der Anbieter führten schließlich dazu, dass sich einige Banken mit dem guten alten Diktiergerät mehr schlecht als recht behelfen. Das kann natürlich nicht im Sinne des Gesetzgebers sein und die Bafin wird in den nächsten Wochen zu diesen Anforderungen Stellung nehmen.

Herausforderungen durch MiFID II                                             

Eine der größeren Herausforderungen liegt jedoch in der Ex Ante Kostensimulation. Seit Januar müssen die Berater den Kunden sowohl in Prozent als auch in Euro und Cent angeben, wieviel die Bank an dem Produkt verdient hochgerechnet für die nächsten fünf Jahre. Das entspricht nicht der Kultur der bisherigen Beratungspraxis, auch wenn die Pflicht der Kostenmitteilung schon seit vielen Jahren besteht. Manch ein Berater hat erhebliche Probleme mit dieser Notwendigkeit, wenn man dem Kunden bisher mitgeteilt hat, dass „der Ausgabeaufschlag für die Fondsgesellschaft ist“ und  zum Beispiel die Kosten für die Verwaltungsvergütung bisher unerwähnt geblieben sind.

Dazu kommt, dass die Vorgehensweise der Banken bei diesem Thema nicht einheitlich ist. Während manche Bank versucht, sich durch allgemeine, beispielhafte Erläuterungen in einem umfangreichen Informationsheft dieser Pflicht zu entledigen, erläutern andere Häuser sehr individuell jedes Geschäft und taggenau mit expliziten Berechnungen.

So ist nach Ablauf des ersten Monats mit den neuen Beratungsregeln festzustellen, dass noch nicht alles rund läuft und einiges zu verbessern ist. Eine Stellungnahme der Bafin zu den Entwicklungen steht noch aus. Dafür ist es auch noch zu früh. Deutlich erkennbar ist, dass die Berater weiterhin eine Hilfestellung benötigen. Das betrifft sowohl Informationen zu den Aufklärungspflichten in Bezug auf Marktentwicklungen und volkswirtschaftlichen Entwicklungen, als auch Beispiele für die klassische Einwandbehandlung im Rahmen der Kostendiskussion. Hier besteht Handlungsbedarf auf breiter Linie, damit das Wertpapiergeschäft nicht vollständig zum Erliegen kommt.

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