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Bond? Bitte nicht Corona Bond! Warum Corona-Bonds falsch wären
Weiterbildung / 16. April 2020
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Senior Programm Manager Executive Education
Thomas Kohrs leitet den Bereich Asset & Wealth Management der Executive Education an der Frankfurt School. Er ist ausgebildeter Diplom-Bankbetriebswirt, der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in den Gebieten Wertpapier und Vertrieb. Er verfügt seit mehr als 25 Jahren über praktische Erfahrung als Berater, Trainer und Dozent an der Frankfurt School.

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Der Corona Virus und all seine nachhaltigen Folgen für die Menschen und die Weltwirtschaft sind neu. Aber als Pandemie des 21. Jahrhunderts ist der „Gegner“ immerhin bekannt, anders als bei der spanischen und asiatischen Grippe oder der Pest im Mittelalter. Und wir verfügen über medizinisches und gesellschaftliches Wissen, um dagegen anzugehen. Bekannt sind auch die Mittel, die zur monetären Linderung auf der wirtschaftlichen Seite eingesetzt werden könnten. Allerdings werden dazu Rezepte aus der finanzpolitischen Mottenkiste aus Zeiten der Finanzkrise geholt. Die Rede ist von Anleihen, die von allen Staaten der EU gemeinsam aufgelegt werden, um sich am Kapitalmarkt Geld zu beschaffen. Ob man diese dann Euro- oder Corona-Bonds nennt, ist nur eine andere Beschriftung auf demselben Etikett.

Wer tilgt den Kredit?

Schon zu Zeiten der Eurokrise waren Euro-Bonds angeblich ein probates Mittel, um manche Staaten der EU mit den dringend benötigten finanziellen Mitteln zu versorgen. Die gemeinsame Emission solcher Titel ist dabei der Schlüssel der Thematik. Da Länder wie die Niederlande oder Deutschland bonitätsmäßig gut bewertet werden, können sie sich günstig zu niedrigen Zinsen Geld besorgen. Andere Staaten werden vom Markt weniger gut bewertet und müssen für dieselben Beträge zum Teil höhere Zinsen bezahlen. Ginge man gemeinsam an den Markt, wird quasi eine Mischkalkulation vorgenommen und ein einheitlicher Zinssatz gebildet, der dann für manche Länder niedriger, für andere Länder jedoch entsprechend höher ausfällt. Die Zinsseite ist aber nur eine Seite der Medaille. Die Haftung – auf der anderen Seite – ist spannender. Sollte ein Land seinen Zahlungsverpflichtungen in Bezug auf Zinsen oder Rückzahlung nicht nachkommen, müssen die anderen Länder dafür haften. In Deutschland nennt man das eine gesamtschuldnerische Haftung, also eine „Vergemeinschaftung der Schulden“.

Während bisher der Bundestag bei der Schuldenaufnahme des Staates ein deutliches Mitspracherecht hat, ist bei dieser Lösung der Einfluss geringer. Trotzdem haftet ein Land für die Schulden anderer Länder und muss die „Eventualverbindlichkeit“ mit einrechnen.

Mit dem Euro-Rettungsschirm steht eine erprobte Alternative aus Zeiten der Finanzkrise zur Verfügung. Von den Befürwortern der Corona-Bonds wird dies vehement abgelehnt, da es sich um eine Kreditaufnahme handeln würde. Dabei wird der Eindruck erweckt, die Bondlösung sei keine kreditorische Lösung. Diese Feststellung ist so naiv wie objektiv falsch. Beide Formen sind Darlehen, die in wirtschaftlich besseren Zeiten mit Zinsen zurückzuzahlen sind. Die entscheidenden Unterschiede liegen in anderen Feststellungen:

  1. Wer nimmt den Kredit auf: Alle Staaten gemeinsam oder ein Staat allein?
  2. Welche Zinsen werden für den Kredit fällig im Rahmen eines risikoadjustierten Pricings?
  3. Wer haftet für den Kredit – und in welcher Höhe?

Am Ende der Laufzeit wird es auf einen Punkt hinauslaufen: Wer tilgt den Kredit? Treffender formuliert: Wenn jemand anders den eigenen negativen Kontostand ausgleichen muss, fällt eine Überziehung deutlich leichter. Diese finanziellen Fakten gilt es unbedingt zu bedenken.

Corona-Bonds sind nicht die Lösung

Emotional gesehen ist es natürlich eine europäische Aufgabe, die Folgen der Pandemie gemeinsam zu stemmen. Dabei steht es außer Frage, auch die finanzielle Last gemeinsam zu tragen. Die Ursachen fußen allerdings auf bekannten Tatsachen: Wenn allein Nordrhein-Westfalen nahezu doppelt so viele Krankenhausbetten auf 100.000 Einwohner hat wie Italien, sollten uns die Fernsehbilder nicht verwundern. Jetzt rächt es sich, dass die bekannten Probleme nach der Finanzkrise nicht konsequent angepackt und gelöst wurden. Die – vermeintlich – einfache Lösung zu wählen und mit Corona Bonds einem „weiter so“ Tür und Tor zu öffnen, wäre ein fatales Signal. Richtige Entscheidungen zu Lasten von Emotionen zu opfern wäre ein Pyrrhussieg der Befürworter und hätte bei der nächsten Krise noch fatalere Folgen. Wie auch die politische Lösung der Hilfe aussehen wird, die mit den vorösterlichen Beschlüssen in die richtige Richtung geht: Corona-Bonds sind es auf keinen Fall.

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