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Rede zur Zeugnisverleihung in der Paulskirche am 09.05.2014
Alumni / 17 July 2014
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BSc in Management, Philosophy & Economics Class of 2014
Moritz was part of the Bsc MPE class of 2014

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Liebe Kommilitonen, liebe Eltern, liebe Professoren, liebe Freunde der FS,

und seit dem heutigen Tage auch hoch geschätzte Banker, Betriebswirte, Ökonomen, Wirtschaftsprüfer und Freunde der Weisheit auf Teilzeitbasis,

Ein bekannter deutscher Philosoph hat mal zu mir gesagt: „Ziegler, Sie Depp, Sie haben nicht genug Disziplin um nicht in verschachtelten Sätzen zu schreiben“ (Kliemt, 2010ff).

Also gut, dann sag ich es eben mit Herbert Wehner:

„Es gibt eine normative Kraft des Faktischen. Es gibt jedoch keine Fakten ersetzende Kraft des Phraseologischen“ – denken Sie da mal drüber nach.

Was unterscheidet uns alle von Martin Luther King, Mahatma Gandhi und dem großen Nelson Mandela? Was unterscheidet uns von diesen großen Idealisten und Freiheitskämpfern, deren Antrieb nicht finanzieller oder karrieristischer Natur war? Na?

Richtig – nach meinem Kenntnisstand hat kein einziger von Ihnen, bis heute, einen Abschluss der Frankfurt School of Finance & Management. Ja da dachten Sie jetzt kommt die Moralpredigt. Ich bitte Sie – wer bin ich denn, jetzt und hier eine Moralpredigt zu halten?

Liebe Kommilitonen,

Wir wurden von einigen schon als bester Jahrgang aller Zeiten bezeichnet – noch nicht von vielen und eigentlich gerade nur von mir, aber jetzt wurde es zumindest einmal gesagt.

Dreieinhalb Jahre Frankfurt School, dass ist die Zeit, da werden die wahren Erfahrungen gemacht – Dinge die uns unser Leben lang begleiten werden. Stochastik II, Buchführung, Externes Rechnungswesen (nach IFRS und HGB), Evaluationsbögen und Wertschöpfungsmanagement, Wertschöpfungsmanagement liebe Freunde. Ich werde sentimental wenn ich nur darüber spreche.

Ich kenne gestandene Führungskräfte die sich bei Alumni-Treffen nach den guten alten Zeiten zurücksehnen – Praktikum, von früh bis spät, der Chef hat uns mal wieder schön ignoriert aber wir kommen trotzdem wieder, weil wir Arbeitserfahrung sammeln müssen um Arbeitserfahrung sammeln zu dürfen. Nebenher Bachelor-Thesis schreiben, Bewerbungen rausschicken, drei Tage die Woche arbeiten oder gleich Vollzeit für drei Monate. Samstags Uni bis Abends um 20.00. Fußball verpassen. Wenn wir das nochmal mitmachen dürften!

Natürlich glaube ich nicht, dass es nur diese Dinge sind, die unser Leben nachhaltig prägen. Aber mir scheint manchmal, dass ist das woran wir uns erinnern wollen. Oder zumindest ist es das, wovon wir glauben, dass wir uns daran erinnern sollten.
Im Jahre 1929 schrieb Kurt Tucholsky alias Peter Panter in der Vossischen Zeitung:
„Wie schön aber müßte es sein, mit gesammelter Kraft und mit der ganzen Macht der Erfahrung zu studieren! Sich auf eine Denkaufgabe zu konzentrieren! Nicht von vorn anzufangen, sondern wirklich fortzufahren; eine Bahn zu befahren und nicht zwanzig; ein Ding zu tun und nicht dreiunddreißig. Niemand von uns scheint Zeit zu haben, und doch sollte man sie sich nehmen. Wenige haben dazu das Geld. Und wir laufen nur so schnell, weil sie uns stoßen, und manche auch, weil sie Angst haben, still zu stehen, aus Furcht, sie könnten in der Rast zusammenklappen.“

Obwohl die Entscheidungen über unseren Lebensweg glücklicherweise zum größten Teile in unserer eigenen Hand liegen, scheint mir, dass wir uns doch allzu häufig in der von Tucholsky beschriebenen Situation wiederfinden. Wie häufig standen wir unter Druck weil wir uns sorgen gemacht haben, über unseren Durchschnitt, unsere Praktika und am Ende des Tages über das, was ich jetzt mal die ausgeglichene, normierte Repräsentativität unseres Lebenslaufes nenne. Oder anders – erfüllen wir die Erwartungen von da draußen.

Aber wann haben wir wirklich mal Entscheidungen getroffen, von denen wir wussten, da hängt jetzt etwas davon. Wann waren wir mal in Situationen, bei denen wir gemerkt haben, das verändert mich jetzt und wenn ich hier jetzt aktiv werde verändere ich auch andere.

Es wäre jetzt falsch euch erzählen zu wollen, wann ihr diese Momente hattet, denn an der Frankfurt School wird gelehrt, dass jedes Individuum seine eigenen Präferenzen hat und ich finde das ja auch toll, aber mich beschleicht trotzdem das Gefühl, dass diese Momente des Fortschritts, wie sie Tucholsky nennt, im Allgemeinen selten sind, wenn wir darüber nachdenken.

Ich bin mir sicher, an der FS hat es nicht gelegen. Denn eigentlich ist unsere Universität der ideale Nährboden für die Entwicklung ihrer Studenten. Wenn Sie das mal nicht war, hat die Frankfurt School in meinen dreieinhalb Jahren niemals seriös jemand verboten etwas dagegen zu tun – ganz im Gegenteil.

Und sie tut das aus Eigennutz, denn Sie ist ambitioniert – die Frankfurt School – Top 5 in Europa bis 2020. Top 5 in Europa bis in sechs Jahren – das ist nur unwesentlich weniger ambitioniert, wie der Zeitrahmen für den Umzug auf den neuen Campus! Bei allem Respekt vor der offensichtlichen Kompetenz unseres Präsidiums, aber allein werden Sie das nicht schaffen. Aber das wissen Sie! Sie haben erkannt, dass die besten Institutionen der Welt nicht nur aus Ihren Fakultäten heraus gut sind, sondern, dass die besten Unis der Welt meistens die bemerkenswertesten Studenten haben. Bemerkenswert wird man nur, wenn man etwas dafür tut. Nicht wenn man erwartet, dass es andere für einen tun.

Dreieinhalb Jahre FS sind auch dreieinhalb Jahre Zeit mit Freunden und mit Professoren und Studienbetreuern und Facility Managern und dem Mensa-Team und dem Empfangsteam um Frau Götzendörfer, die es kürzlich zu einigem Ruhm im Internet gebracht hat. An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an alle.
Zu guter Letzt gratuliere ich auch uns allen und hebe mein Glas in weiser Voraussicht auf den besten Jahrgang aller Zeiten.

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