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Macht und Einfluss der Notenbanken
Research & Advisory / 30. August 2017
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Professor für International und Development Finance
Adalbert Winkler, geboren 1962, studierte Volkswirtschaftslehre an der Universität Trier und an der Clark University in Worcester, Massachusetts. Der Promotion an der Universität Trier folgte die Habilitation an der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg, an deren wirtschaftswissenschaftlicher Fakultät er mehr als zehn Jahre als Lehrbeauftragter und Privatdozent tätig war. Daneben nahm er Lehraufträge an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main sowie der Technischen Universität Chemnitz wahr. Vor der Berufung an die Frankfurt School of Finance & Management war Professor Winkler im Bereich Entwicklungsfinanzierung sowie in der Europäischen Zentralbank und der Deutschen Bundesbank tätig. Von 1994 bis 2001 leitete er die volkswirtschaftliche Abteilung der Internationalen Projekt Consult (IPC GmbH), Frankfurt, einem führenden Beratungsunternehmen auf dem Gebiet der Entwicklungsfinanzierung. Im Auftrag bilateraler und internationaler Finanzinstitutionen, zum Beispiel der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung, der Inter­national Finance Corporation sowie der Kreditanstalt für Wiederaufbau analysierte er Stand und Entwicklung der Finanzsysteme in den Transformationsökonomien Osteuropas. Diese Analysen dienten als Grundlage von Empfehlungen für finanzsektorpolitische Fördermaßnahmen zugunsten von Kleinst- und Kleinunternehmen, z.B. in Form der Gründung von Mikrofinanzbanken.

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Seit der globalen Finanzkrise haben Notenbanken Maßnahmen ergriffen, die weit über das hinausgehen, was zuvor als Ausdruck „normaler“ Geldpolitik galt, nämlich die Veränderung eines positiven Leitzinses. Dafür haben sie viel Lob erhalten – der frühere IWF Chefökonom Raghuram Rajan  sprach sogar von „Helden“ –  aber auch viel Kritik. So werfen manche Beobachter, auch Kollegen, den Notenbanken vor, mit ihrer Politik unseren Wohlstand zu gefährden.

Beides ist nicht berechtigt: weder die Lobeshymnen noch die vernichtende Kritik. Der Kriseneinsatz der Notenbank als Kreditgeber der letzten Instanz  ist keine Heldentat, sondern entspricht der Zentralbanktradition, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht. In einer Krise wollen Anleger und Sparer sich von bisher als sicher geltenden Aktiva trennen und in Zentralbankgeld umtauschen. Indem Notenbanken dies ermöglichen, verhindern sie, dass die Krise voll auf die Realwirtschaft durchschlägt und damit Einkommen, Beschäftigung und Preisniveau abstürzen. Das war und ist die Lehre aus der Großen Depression und dieser Lehre sind die Notenbanken gefolgt. Dies gilt auch für die EZB und die Lösung der Eurokrise durch Draghis „whatever it takes“. Den Anlegern und Sparern wurde dadurch das Vertrauen zurückgegeben, dass sie für die von ihnen gehaltenen Staatsanleihen immer einen Käufer finden würden. Genau aus diesem Grund wollten sie dann auch gar nicht mehr verkaufen. Liquiditätskrisen können nur Notenbanken lösen, weil nur sie Liquidität bereitstellen können.

Konfrontiert mit der Nullzinsgrenze stellt sich auch der Kauf von Staatsanleihen bei nüchterner Betrachtung nicht als Schurkenstück, sondern als schlichte Befolgung des Mandats dar, nämlich Preisstabilität zu sichern. Da das normale Instrument, also weitere Zinssenkungen, ausfiel, mussten die Notenbanken auf neue und – per Definition – weniger effektive Maßnahmen ausweichen, wie zum Beispiel den Kauf von Staatsanleihen.

Insgesamt waren die Notenbanken bei der Bekämpfung von Krise und Deflation erfolgreich. Deshalb ist es richtig, dass man über einen Ausstieg aus der unkonventionellen Geldpolitik diskutiert. Erneut ist aber Augenmaß erforderlich, denn angesichts der Nullzinsgrenze spricht eben einiges dafür, den Ausstieg eher später als früher, eher dosiert als abrupt vorzunehmen. Denn bei einem zu frühen und abrupten Handeln und einer dann möglichen Rezession würden die Notenbanken sehr schnell vor der schwierig zu beantwortenden Frage stehen, wie sie darauf geldpolitisch reagieren sollten. Es ist verständlich, wenn sie eine solche Situation wenn möglich vermeiden wollen.

Hören Sie auch den  Podcast Bilanz von hr info um tiefer in das Thema einzutauchen.

 

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