Die (Muster-)Berufsordnung für die in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzte hält in ihrem § 2 Abs. 5 unmissverständlich fest:
„Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, die für die Berufsausübung geltenden Vorschriften zu beachten.“
So selbstverständlich diese Verpflichtung anmutet, so brisant sind jedoch ihre Auswirkungen im beruflichen Alltag und der Ärzte in Klinik und Praxis. Der 1. Kompetenzorientierte Gegenstandskatalog Medizin listet in seiner 1. Auflage (Dezember 2020) alle rechtlichen Vorschriften auf, die für die ärztliche Berufsausübung maßgeblich sind. Dazu zählen nahliegende Normen wie die Bundesärzteordnung, die länderspezifischen Berufsordnungen oder die Weiterbildungsordnungen.
Weiterhin spielt das Recht der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen eine Rolle – insbesondere die spezifischen Regelungen des Arzt-Patienten-Verhältnisses die durch das Patientenrechtegesetz in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingegangenen sind. Im Gegenstandskatalog aufgeführt sind aber auch die gleichermaßen wichtigen Regelungen des Transplantationsgesetzes, des Infektionsschutzgesetzes, des Arzneimittelgesetzes, des Strafgesetzbuches, des Medizinproduktegesetzes und des Bundesdatenschutzgesetzes, um nur einige zu nennen.
Bemerkenswert ist gleichermaßen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen der ärztlichen Berufsausübung durch das Dickicht der ärztlichen Selbstverwaltung geprägt werden: Bundes- und Landesgesetzgeber überlassen es den in Deutschland tätigen Ärztinnen und Ärzten in vielerlei Hinsicht selbst, das berufliche Miteinander zu regeln.
Von besonderer Bedeutung sind neben eigenen berufsrechtlichen Vorgaben die Ausführungsbestimmungen des Sozialrechts. Hierbei beeinflussen insbesondere die Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses das tägliche Leben in Klinik und Praxis.
Angesichts dieser kaum noch zu überbietenden Regelungsdichte verwundert es sehr, dass die ärztliche Ausbildung die Vermittlung der rechtlichen Grundlagen des ärztlichen Berufsbildes bisher nicht vorsah. Erst mit der derzeit diskutierten Novellierung der Approbationsordnung ist geplant, die Vermittlung der rechtlichen Grundlagen in die Ausbildung der angehenden Mediziner aufzunehmen. Dies war überfällig.
Neben den gesetzlichen und untergesetzlichen Reglementierungen ist das ärztliche Berufsrecht heutzutage insbesondere durch Rechtsprechung im Einzelfall beeinflusst. Zudem reglementieren Berufsordnungen, Standards, Richtlinien und Leitlinien die Ausübung des ärztlichen Berufes dermaßen, dass auch dem erfahrenen Arzt der Überblick abhandenkommen kann. Diese Situation wird allseits und ständig beklagt. Änderungen im Sinne einer Deregulierung sind jedoch nicht erkennbar.
(Angehende) Führungskräfte im Medizinbetrieb müssen sich daher frühzeitig darauf einstellen, dass sie die maßgeblichen Vorschriften und Reglements kennen, anwenden und an die ihnen zu- und untergeordneten Kolleginnen und Kollegen weitergeben müssen. Neben der Vermittlung ärztlichen Wissens ist die Vermittlung der beruflichen rechtlichen Grundlagen geradezu eine Herkulesaufgabe. Die Forderung, dass jeder approbierte Arzt seinem Medizinstudium ein Jurastudium folgen lassen sollte, ist sicherlich übertrieben und unrealistisch. Wünschenswert wäre es indes allemal.
Der Zertifikatsstudiengang Führung & Management für leitende Krankenhausärzte für angehende und neu ernannte Ordinarien, Chefärzte, Institutsleiter und ärztliche Direktoren zeigt den Teilnehmern die wesentlichen Grundlagen und Zusammenhänge der rechtlichen Reglements des ärztlichen Berufes und sensibilisiert sie für rechtlich relevante Zusammenhänge. Die im September 1982 gegründete Deutsche Gesellschaft für Medizinrecht (DGMR) bezweckt denn auch die Förderung wissenschaftlicher Belange auf dem Gebiet des Medizinrechts sowie die Vertiefung der interdisziplinären Beziehungen zwischen Recht und Medizin, um das gegenseitige Verständnis zu verbessern. Wenn dieses Wissen an die Teilnehmer des Studienganges vermittelt werden kann und sich in der Praxis beweist, ist dies zu Recht ein Erfolg.