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MiFID II und Nachhaltigkeit: Darf’s ein bisschen mehr sein?
Weiterbildung / 22. Dezember 2021
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Senior Programm Manager Executive Education
Thomas Kohrs leitet den Bereich Asset & Wealth Management der Executive Education an der Frankfurt School. Er ist ausgebildeter Diplom-Bankbetriebswirt, der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in den Gebieten Wertpapier und Vertrieb. Er verfügt seit mehr als 25 Jahren über praktische Erfahrung als Berater, Trainer und Dozent an der Frankfurt School.

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Die Sachkunde im Bereich MiFID II beschäftigt uns seit der Finanzkrise. Alle im Bereich der Anlageberatung Beschäftigten sind immer wieder neu gefordert, ihre Kompetenzen zu aktualisieren. Sie müssen wissen, welche Produkte zu ihren Kunden und Kundinnen passen, ob sie für die jeweilige Lebensphase empfehlenswert und welche Maßstäbe für diese Empfehlung anzulegen sind.

Ab 2022 müssen auch Nachhaltigkeitspräferenzen abgefragt werden. Wurde bisher in der Geeignetheitserklärung angegeben, ob und warum das anzulegende Produkt das richtige ist, wird dies nun um den Aspekt der Nachhaltigkeit ergänzt: Jeder Anlageinteressierte muss genau Auskunft darüber geben, welche nachhaltigen Ziele mit der Geldanlage verfolgt und welche Bereiche priorisiert werden sollen.

Nur noch empfehlen, was als nachhaltig empfunden wird?

Die angebotenen und empfohlenen Finanzprodukte müssen die persönlichen Nachhaltigkeitspräferenzen der Anlegerinnen und Anleger berücksichtigen. Das ist anspruchsvoll, denn die Bereiche der Nachhaltigkeit in den Spannungsfeldern Umwelt, Soziales und Governance (ESG) sind weit gefasst. Zudem beinhalten sie eine Stufenskala für Firmen, die nur ein Minimum an Wirtschaftstätigkeiten im Sinne der Taxonomie-Verordnung beinhalten. Die anspruchsvollsten Voraussetzungen sind dabei die Tätigkeiten, bei denen mit der Investition ein hoher Einfluss auf die Nachhaltigkeitstätigkeit vorgenommen werden kann.

Wer muss die neuen MiFID Vorgaben anwenden?

Wer bisher MiFID II angewandt hat, wird dies auch zukünftig mit den ergänzten Regeln tun müssen. Dazu zählen alle mit der Anlageberatung Beschäftigten in Banken und Versicherungen, freie Finanzvermittler- und Marktbetreiber:innen sowie die Dienste, die sich beispielsweise mit Research beschäftigen. Interessant wird, wann sich die Banken im nächsten Jahr diesem Thema widmen. Bisher ist das Echo in vielen Finanzhäusern noch zurückhaltend – vielleicht in der Hoffnung, dass sich Neuerungen und Veränderungen im Rahmen halten. Manche mögen es wie ein Déjà-vu empfinden, wenn sie sich an die Einführung der modifizierten Rahmenbedingungen von MiFID in 2010 erinnern. Jedoch mussten und müssen diese und alle anderen Vorgaben der vergangenen Jahre äußerst ernst genommen und sorgfältig umgesetzt werden. Rechtzeitig vorbereiten und rechtzeitig die Weichen stellen ist das Gebot der Stunde. Nachhaltigkeit ist kein Vertriebsthema, sondern setzt eine Änderung im Mindset voraus, die uns deutlich mehr beschäftigen muss als MiFID II.

Genaue Bedeutung für die Banken im Regeldschungel

Jedoch gibt es unterschiedliche Regelungen, in deren juristischem Dickicht man sich zurechtfinden muss. Hier ist insbesondere die Offenlegungs-Verordnung wichtig, in der neue Transparenzanforderungen an die Anlageberatung aufgestellt werden. Diese müssen darlegen, welche Nachhaltigkeitsrisiken sie jeweils bei den Investitionsprozessen bisher berücksichtigen oder einbeziehen – positiv wie negativ. In der Taxonomie-Verordnung dagegen werden Kriterien festgelegt, inwieweit eine Wirtschaftstätigkeit überhaupt als ökologisch nachhaltig angesehen werden kann. Welchen Beitrag leistet das Unternehmen mit seiner Tätigkeit für die vorgegebenen Umweltziele? Mit diesen Kriterien soll der Grad der Nachhaltigkeit der jeweiligen Investition des Kunden bestimmt werden. Diese Bestimmungen verweisen im Kontext der Regelungen aus MiFID II aufeinander und geben die Richtschnur für das nachhaltige Handeln in der Anlageberatung vor.

Handeln! Jetzt!

Handeln müssen alle Beteiligten. Für alle in der in der Finanzwirtschaft Tätigen bedeutet dies mehr denn je, sich mit allen Facetten der Nachhaltigkeitsvorgaben intensiv zu beschäftigen und sich weiterzubilden, um diesen Bereich in ihren Konzepten qualifiziert abzudecken. Das betrifft alle Bereiche in einer Bank. Von der Anlageberatung und Financial Planning, über die Aufsicht, Compliance und Controlling, das Firmenkundengeschäft bis hin zum Zahlungsverkehr.

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