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Es klickt nicht. Die Kunst der nachhaltigen Nachhaltigkeitsberatung
Weiterbildung / 28. Juli 2023
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Senior Programm Manager Executive Education
Thomas Kohrs leitet den Bereich Asset & Wealth Management der Executive Education an der Frankfurt School. Er ist ausgebildeter Diplom-Bankbetriebswirt, der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in den Gebieten Wertpapier und Vertrieb. Er verfügt seit mehr als 25 Jahren über praktische Erfahrung als Berater, Trainer und Dozent an der Frankfurt School.

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Seit August 2022 sind alle Berater* in Banken verpflichtet, ihre Kunden nach deren Nachhaltigkeitspräferenzen zu befragen. Spielten bisher die Parameter Rendite, Sicherheit und Liquidität aus dem magischen Dreieck der Geldanlage die Hauptrolle bei der Empfehlung entsprechender Finanzprodukte, halten jetzt auch die Folgen der Nachhaltigkeitsregeln in der Beratung Einzug. Das Stichwort heißt ESG: Environmental, Social und Governance – Umwelt, soziales Engagement und gute Unternehmensführung. So weit, so gut! Oder doch nicht? Die Ziele aus dem magischen Dreieck sind schon antinomisch, sie können also nicht gleichzeitig verwirklicht werden. Wenn diese Ziele mit einer weiteren Bedingung verknüpft werden, bedeutet das, dass es nicht einfacher wird. Die Frage lautet daher: Welches sind die ersten Erfahrungswerte in punkto Nachhaltigkeitsberatung in Banken?

Die Grundlagen: rechtliche Vorgaben

In der Theorie liest sich das wunderbar. Die Pflichten der Berater ergeben sich aus diversen rechtlichen Vorschriften, zum Beispiel der Taxonomie- oder der EU-Offenlegungsverordnung. Dazu muss geklärt werden, in welchen Bereich ein Kunde investieren möchte. Dies ist auch stark abhängig vom Wissensstand der Berater bezüglich der nachgefragten Produkte bzw. des vorrangigen Angebots durch hauseigene Produkte und Investmentgesellschaften. Was diese nicht im Angebot haben, können die Berater auch nicht verkaufen. Derzeit sind es insbesondere Produkte aus den Bereichen „Soziales“ und „gute Unternehmensführung“, die verstärkt angeboten werden müssten.

Damit ist es offensichtlich: Die Kunst der Beratung liegt darin, den Kunden einfach genau genug zu fragen. Entweder gibt er vor, kein Interesse an nachhaltigen Geldanlagen zu haben, oder er wird in die Richtung geleitet, dass es überhaupt ein passendes Produkt bei der jeweiligen Bank gibt. Es ist positiv, wenn die Kunden nachhaltige Produkte erwerben. Ein richtiges Aufklärungsgespräch wird sich aber so nicht entwickeln.

Die Praxis: geschlossene Fragen versus Kundenvorstellungen

Wie sieht die Praxis aus? Die Berater fragen den Kunden, ob und – wenn ja – in welchem Bereich er sein Geld nachhaltig anlegen möchte. Da die Fragen häufig geschlossen gestellt werden, ist die Antwort häufig eher ein „Nein“. Man stelle sich vor, bei den vorgenannten Zielen aus dem magischen Dreieck würde so gefragt – das Gespräch wäre nach drei „Nein“ beendet. Völlig undenkbar. Überhaupt: Geschlossene Fragen sind ein schlechtes Mittel, um das Ziel – den Kunden zum richtigen Produkt zu beraten – zu erreichen. Im Gespräch und der Befragung ist vielmehr herauszufinden, welche Ziele der Kunde wirklich hat. Wie hoch ist seine Risikobereitschaft, welche Renditevorstellungen sind vorhanden? Welche (finanziellen) Ziele sind noch zu erreichen, welche Herausforderungen bestehen in den kommenden Jahren und eben welche Vorstellung hat er im Bereich Nachhaltigkeit? Wenn sich im Gespräch – und nicht durch eine geschlossene Frage – herausstellt, dass der Kunde kein Interesse an solchen Anlagen hat, ist das in Ordnung. Wie weit geht aber die Aufklärungspflicht des Beraters zum Beispiel bei der Tatsache, dass es überhaupt keinen Widerspruch zwischen Rendite und einer nachhaltigen Geldanlage und auch nicht zu den anderen bisherigen Parametern gibt?

Die Gegenwart: gute Nachhaltigkeitsberatung steckt noch in den Kinderschuhen

An der Nachhaltigkeitsberatung hapert es noch etwas. Denn gerade Nachhaltigkeitsthemen lassen sich nicht mit einem Fragebogen routinemäßig beantworten. Es sind signifikante und individuelle Präferenzen und Abneigungen zu erörtern und Unkenntnisse zu beseitigen. Das setzt Fingerspitzengefühl, Einfühlungsvermögen und Empathie voraus. Nachhaltigkeitsberatung ist mitunter noch mit Unkenntnis und Unerfahrenheit verbunden. Es müssen (Absatz-) Ziele erreicht werden, und in den Formularen müssen Vorgaben abgehakt werden, um zu dokumentieren, dass der Kunde im Beratungsgespräch nach seinen Nachhaltigkeitspräferenzen gefragt wurde. Eine wirkliche und ernsthafte Beschäftigung mit der Nachhaltigkeit, den historischen Gründen und den zukunftsweisenden Entwicklungen ist in der Beratung oft noch nicht gegeben. Eine Diskussion auf Augenhöhe über die Sinnhaftigkeit der Einstufung von Kernkraft und Gas als Grün, oder das Für und Wider einer Investition beispielsweise in kontrovers agierende Konzerne, kann von vielen Beratern meines Erachtens (noch) nicht geführt werden.

Resumee

Der Fehler liegt erfahrungsgemäß im Ansatz. Viele Finanzdienstleister glauben, dass die Umstellung im Kopf durch eine kurze Online-Schulung erreicht werden kann. Das ist ein großer Irrtum. Nachhaltigkeit braucht Überzeugung, bei den Kunden, den Banken und vor allem den Mitarbeitenden. Es hat aber noch nicht „Klick“ gemacht. Ein Vorschlag wäre, dass die BaFin – entsprechend der Umsetzung der Mifid-Regeln – Befragungen durchführt und prüft, wie es um das Wissen der Berater beim Thema Nachhaltigkeit bestellt ist. Vielleicht klickt es dann.

* Aus Gründen der Lesbarkeit schließt die männliche Form die weibliche Form in diesem Text mit ein.

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