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Gut gemeint, falsch geplant: Wenn finanzielle Vorsorge daneben geht
Weiterbildung / 8. Mai 2024
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Senior Programm Manager Executive Education
Thomas Kohrs leitet den Bereich Asset & Wealth Management der Executive Education an der Frankfurt School. Er ist ausgebildeter Diplom-Bankbetriebswirt, der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in den Gebieten Wertpapier und Vertrieb. Er verfügt seit mehr als 25 Jahren über praktische Erfahrung als Berater, Trainer und Dozent an der Frankfurt School.

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In meiner immer noch andauernden Beratungspraxis bin ich kürzlich zu einem Sachverhalt hinzugezogen worden, der mir erneut gezeigt hat, wie problematisch eine gut gemeinte, aber schlecht gemachte finanzielle Planung und Nachfolgeregelung sein kann. Sehr oft werden die Weichen nicht rechtzeitig gestellt oder den Entwicklungen angepasst, wenn sich Vorstellungen, Wünsche, Ideen oder – besonders wichtig – familiäre oder wirtschaftliche Gegebenheiten ändern.

Makaber, aber wahr: Der Kunde ist tot. Und jetzt?

Die Mutter meiner Kundin ist nach langer Demenz-Erkrankung verstorben. Meine Kundin ist nach dem frühen Tod ihres Vaters vor mehr als 30 Jahren, die einzige direkte Familienangehörige. Mit ihrem langjährigen Lebenspartner war die Verstorbene nicht verheiratet. Die Verstorbene hinterlässt ein Haus, Kontoguthaben und ein zunächst klar formuliertes Testament. Aus diesem geht hervor, dass sie ihre Tochter als Alleinerbin einsetzt, ihrem „zukünftigen Ehemann“ aber ein Nießbrauchrecht für das Haus einräumt, bei dem die Regelungen des BGB allerdings außer Kraft gesetzt wurden. Der Nießbraucher muss selbst für die laufenden Steuern, Umbaumaßnahmen etc. aufkommen. Insoweit ist dieses Recht also nicht unbelastet.

Dazu kommt, dass der Lebensgefährte Vollmacht für die Konten hat und einige Tage nach dem Tod der Kontoinhaberin Barvermögen an die Enkel (volljährige Söhne meiner Kundin) transferiert hat, was die Verstorbene eigentlich schon längst erledigt haben wollte. Insoweit entsprach die Transaktion dem Wunsch der Erblasserin.

Die Folgen

Widmen wir uns zunächst dem Nießbrauch. Dieser ist vom Prinzip her gut gedacht gewesen. Allerdings war die Intention eine andere. Die Tochter als Alleinerbin einzusetzen und dem Lebenspartner ein Nießbrauch einzuräumen ist rechtlich klar und absolut in Ordnung. Die Formulierung „meinem zukünftigen Ehemann“ deckt allerdings eine Problematik auf: Das Vermächtnis muss, wie jedes andere Erbe, versteuert werden. Da die beiden Partner aber bis zum Ableben der Mutter nicht geheiratet haben, ist der Lebenspartner steuerlich „wie ein fremder Dritter“ zu beurteilen. Das bedeutet, dass der Freibetrag des Lebenspartners lediglich 20.000 Euro beträgt, anstelle von 500.000 Euro für Ehepartner. Dieser Betrag wird bei einem langjährigen Nießbrauch und einem noch lange währenden Leben des Berechtigten nicht ausreichen. Hinzu kommt die schlechtere Steuerklasse, die das Ganze von einem Vorteil in einen Nachteil verkehrt. Vor allem dann, wenn die Kosten für die Immobilie noch selbst zu tragen sind, das Ganze also nicht nur ein lediglich materieller Vorteil ist.

Die Transaktionen nach dem Tode der Kontoinhaberin sind steuerlich gesehen völlig irrelevant. Alleinerbin aller Vermögenswerte ist die Tochter, und sie muss dieses – bei Überschreiten der steuerlichen Freibeträge – auch versteuern.

Das hätte auch besser laufen können!

Mit ein bisschen mehr Vorsorgeberatung hätte das ganz anders aussehen können. Das betrifft aber leider den Großteil der letztwilligen Verfügungen in Deutschland. Nur 20 Prozent haben ein aktuelles Testament (Anteil der Deutschen mit Testament 2022 | Statista). Durch eine kleine Ergänzung wären viele Probleme erst gar nicht entstanden. Zum Beispiel wäre es sehr sinnvoll gewesen, alle Beteiligten frühzeitig an einen Tisch zu holen und mit allen zusammen für den Fall der Fälle Absprachen zu treffen. Mit Vorsorge- und Patientenvollmacht, Testament und jedwede Vollmachten für die Bankkonten und andere Erfordernisse hätte die Kundin bares Geld gespart. Dazu noch viel Lauferei, Kosten und sehr viel Ärger. Auch nur durch einen sehr kurzen handschriftlich formulierten Satz als Nachtrag zum notariellen Testament wird der letzte Wille deutlich klarer und spart Steuern. Ganz einfach mit der Feststellung „In Ergänzung meines notariellen Testaments vom (Datum) vererbe ich meinen Enkeln jeweils einen Betrag von x,– Euro.“ Stadt, Datum, Unterschrift. Fertig. Damit können die Enkel ihre eigenen Freibeträge nutzen. Oder aber eine gemeinsame Vereinbarung mit allen Hinterbliebenen bezüglich des Wohnrechts finden. Rechtzeitig drüber reden hilft wirklich! Oftmals eröffnet allein das Formulieren, also das Verschriftlichen der Absichten, neue Gestaltungsmöglichkeiten.

Es gilt: Fragen, Fragen, Fragen!

Die wichtigsten Fragen, die sich jeder Mensch beim Regeln seines Nachlasses stellen sollte, sind: „Wem will ich mein Vermögen nach meinem Tod zukommen lassen, und welcher Zweck steckt dahinter?“ Alle weiteren Fragen und die Wege zu einer optimalen Lösung lassen sich dann schon finden.

Dass die Mutter der Kundin ihr Barvermögen auf sehr niedrig verzinsten Spar- und Festgeldkonten deponiert hatte, war ebenfalls nicht unbedingt vorteilhaft. Aber das ist ein anderes Thema. Auch hier gilt allerdings: Rechtzeitig und richtig beraten lassen, hilft ungemein.

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