FRANKFURT SCHOOL

BLOG

Was verbirgt sich hinter der Blockchain-Technologie?
Research & Advisory / 4. Januar 2016
  • Teilen

  • 7930

  • 0

  • Drucken
Professor of General Business Administration and Business Informatics
Professor Dr. Peter Roßbach ist Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere angewandte Wirtschaftsinformatik und Informationstechnologie.

Autorenprofil

Mehr Blog Posts
Treat or threat: Can Artificial intelligence really help close the ESG Data Gap?
Engineering concepts – Why language matters
Risk and Reward: Transforming SME Financing in Iraq

Einleitung

In der jüngeren Zeit findet man vermehrt Artikel in Zeitschriften, Internet-Blogs etc., die sich
mit dem Thema Blockchain befassen. Demnach nimmt diese recht junge Technologie derzeit
rasant an Fahrt auf und hat das Potential, insbesondere im Finanzsektor erhebliche
Veränderungen herbeizuführen. Im Vergleich zu den vorherrschen Systemarchitekturen
handelt es sich dabei um einen Ansatz, der einen radikalen Konzeptwechsel mit sich bringt.
Um zu verstehen, warum der Blockchain-Technologie ein derartiges Potential zugesprochen
wird, muss man zunächst verstanden haben, was sich hinter dem Konzept verbirgt.
Gegenstand dieses Beitrags soll es daher sein, die Grundlagen des Blockchain-Konzeptes zu
vermitteln. In zwei nachfolgenden Beiträgen sollen dann zum einen die Anwendungsfelder
und deren derzeitige Akteure beleuchtet sowie zum anderen ausgewählte Blockchain-
Ansätze vorgestellt werden.

Die heutige Situation

Während in etlichen Branchen, wie z.B. im Handel, bereits heute direkte Transaktionen
zwischen den Geschäftspartnern stattfinden, ist die Situation auf der Finanzseite davon
geprägt, dass Finanzprozesse noch oft über mehrere Intermediäre laufen, bevor
beispielweise ein Zahlungs- oder Wertpapierhandelsvorgang abgeschlossen werden kann.
Dies gilt insbesondere im internationalen Bereich.

abb1

Abbildung 1 zeigt ein Beispiel aus dem internationalen Zahlungsverkehr. Im Allgemeinen
haben die Länder ihre eigenen Zahlungssysteme mittels derer das Clearing und Settlement
der Transaktionen der Banken innerhalb der Länder abgewickelt wird [1]. Ein Spezialfall ist
hier die EU, die mit Target2 ein gemeinsames System betreibt. Wenn nun ein Kunde einer
kleinen Bank in den USA eine Zahlung an einen Kunden einer kleinen Bank in Deutschland
leisten will, so muss die Kundenbank in den USA die Zahlung über das amerikanische
Zahlungssystem (wie z.B. Fedwire) an eine amerikanische Bank transferieren, die ein
Korrespondenzbankverhältnis zu einer Bank innerhalb des europäischen Zahlungssystems
Target2 unterhält. Diese transferiert die Zahlung dann über Target2 an die deutsche
Empfängerbank. Bei anderen Finanzprozessen, wie z.B. Im Wertpapierhandel, existieren
ähnliche Situationen.

Die Folge ist, dass derartige Prozesse langsam, teuer und fehleranfällig sind. Jeder im Prozess
beteiligte Intermediär betreibt ein eigenes System und der Prozess wandert von System zu
System. Die Architektur der einzelnen Systeme folgt einem zentralisierten Ansatz, d.h. es
handelt sich um jeweils geschlossene Systeme, die die Verwaltung und Abwicklung von
Transaktionen vornehmen (siehe Abbildung 2). Dazu führt jedes System ein eigenes Buch, in
dem die Konten- und/oder Transaktionsinformationen gespeichert werden. Dieses Buch soll
im Folgenden als Ledger bezeichnet werden.

abb2

Um die Funktionsfähigkeit eines einzelnen Systems zu gewährleisten, müssen hohe
Aufwendungen betrieben werden. Neben der Sicherstellung der Korrektheit der
Funktionalität müssen die Systeme vor allem auch gegen Manipulation, Einbruch und Ausfall
abgesichert werden. Ein solches zentrales System stellt somit immer einen Single Point of
Failure dar, der ein entsprechendes operatives Risiko mit sich bringt. Sind an einem Finanzprozess dann auch noch mehrere dieser Systeme beteiligt, so führt dies zu einer
Kumulation von Kosten und Risiken.

Angesichts dieser Ineffizienzen in den Finanzprozessen wäre es eine Idealvorstellung, wenn
man direkte Finanztransaktionen zwischen den Geschäftspartnern betreiben könnte. Mit
den traditionellen, zentralisierten Systemarchitekturen würde dies aber ein weltweit
zentrales System bedingen. Weltweit agierende Finanzdienstleister, wie Paypal, arbeiten
bereits nach diesem Prinzip, jedoch ist man damit an einen Anbieter gebunden. Im Hinblick
auf ein weltweit bankenübergreifend betriebenes System dürften etliche politische Hürden
bestehen, die von der Frage hinsichtlich des Betreibers bis hin zu den Autonomie- und
Sicherheitsbedürfnissen der einzelnen Länder reichen. Ein solches System beinhaltet
aufgrund seiner zentralisierten Architektur zudem immer noch die Problematik eines Single
Point of Failure, so dass ein immenser Verwaltungsapparat notwendig wäre.
…weiterlesen
Weiter zu Teil 2

0 Kommentare

Senden