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Das Controlling im Spannungsfeld zwischen zentraler und dezentraler Ausrichtung
Weiterbildung / 13. April 2023
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Das Centre for Performance Management & Controlling (CPMC) der Frankfurt School, gegründet im Herbst 2020 und eröffnet im Mai 2021, hat sich in kürzester Zeit zu einer festen Größe in der Controlling-Community entwickelt. Das CPMC versteht sich als Think Tank und Anlaufstellte für Unternehmen aller Branchen. Seine grundlegende und anwendungsorientierte Forschung richtet sich an aktuellen Fragestellungen aus, beispielsweise Digitalisierung im Controlling, Lieferkettencontrolling oder Kostenmanagement in Krisenzeiten.

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Das Umfeld, in dem sich ein Großteil der Unternehmen heutzutage befinden, ist bereits sehr komplex und es wird davon ausgegangen, dass diese Komplexität durch die aktuellen Krisen (COVID‐19 Pandemie, Energiekrise in Europa) weiter zunehmen wird. Zudem verändern sich Kundenpräferenzen an Produkte und Dienstleistungen dynamisch. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen neue Produkte und Dienstleistungen, sowie teilweise auch neue Geschäftsmodelle entwickeln. Viele Unternehmen setzen aus diesen Gründen Dezentralisierungsvorhaben ihrer Geschäftseinheiten um, sodass sie schneller und flexibler auf neue Umwelt‐ und Umfeldveränderungen sowie Kundenanforderungen reagieren können. Dadurch verändern sich auch die Aufgaben des Controllings, die sich vermehrt folgende Fragen stellen:

  • Wie wirkt sich die Komplexität der Umwelt auf das Controlling dezentraler Einheiten aus?
  • Welche Rolle nimmt die Dezentralisierung strategischer Themen hinsichtlich der Effektivität des Controllings ein?

Erste Antworten auf diese Fragen geben die Ergebnisse der vom Centre for Performance Management & Controlling der Frankfurt School of Finance & Management in Kooperation mit acht europäischen Partnern durchgeführten Studie Controlling‐Organisation von dezentralen Einheiten. An der onlinebasierten Untersuchung nahmen insgesamt 246 Unternehmen bzw. dezentrale Einheiten teil. Nachfolgend wird näher auf die Rolle der Komplexität der Unternehmensumwelt auf dezentrale Controlling‐Einheiten sowie auf einen möglichen Einfluss der Dezentralisierung strategischer Themen auf die Effektivität des Controllings eingegangen.

Komplexität im Unternehmensumfeld treibt dezentrale Controlling‐Einheiten zum Effektivitätsmaximum

Im Hinblick auf die Komplexität ihres Umfelds wurden den Unternehmen mehrere Fragen in den Dimensionen Wettbewerbsumfeld, Marktumfeld und technologisches Umfeld gestellt, wobei die Unternehmen auf einer Likert‐Skala zwischen 1 (=Nicht komplex) bis 5 (=Sehr stark komplex) wählen konnten. Teilt man die Unternehmen hinsichtlich der ausgesetzten Komplexität in jeweils zwei Gruppen, nämlich niedrige Komplexität und hohe Komplexität in den Dimensionen Wettbewerbsumfeld, Marktumfeld und technologisches Umfeld auf (Medianteilung), so zeigen unsere Ergebnisse, dass Unternehmen, die sich einem hoch komplexen Wettbewerbsumfeld, Marktumfeld und technologischen Umfeld gegenübersehen, ein effektiveres bzw. signifikant effektiveres Controlling in den Bereichen Budget Controlling, operatives Controlling und strategisches Controlling aufweisen(vgl. Abb. 1). Es scheint, als würden Unternehmen, die in einem komplexen oder stark komplexen Umfeld agieren, das Controlling besonders effektiv aufstellen, um nachhaltig wettbewerbsfähig bleiben zu können. Gelingt es den Unternehmen demnach nicht der Komplexität ihres Umfelds mit einem effektiven Controlling gegenzusteuern, ist ein Ausscheiden aus dem Markt durchaus wahrscheinlich.

Abb. 1: Effektivität des Controllings unterteilt nach der Komplexität des Unternehmensumfelds.

Dezentralisierung strategischer Themen befeuert die Effektivität des Controllings

Um den Einfluss des Dezentralisierungsgrades im Controlling auf dessen Effektivität zu ermitteln, wurden Unternehmen verschiedene Fragen zur Dezentralisierung strategischer und operativer Themen vorgelegt. Zu den strategischen Themen gehörten der Aufbau von neuen Geschäftsfeldern, die Entwicklung von neuen Produkten und Services, die Entscheidung über Erweiterungsinvestitionen und die Projekt‐/Programmfinanzierung. Zu den operativen Themen zählten die Auswahl und der Vertragsabschluss mit Kundinnen und Kunden, die Auswahl und Beauftragung von Lieferantinnen und Lieferanten, die Priorisierung von Aktivitäten, die Einstellung und Entlassung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern innerhalb der dezentralen Einheit und die Gestaltung der Arbeitsabläufe und Prozesse innerhalb der dezentralen Einheit. Die Unternehmen konnten erneut auf einer Likert‐Skala zwischen 1 (=Unternehmenszentrale besitzt die gesamte Entscheidungsbefugnis) und 5 (=Dezentrale Einheit besitzt die gesamte Entscheidungsbefugnis) wählen. Unterteilt man die Unternehmen wieder in zwei Gruppen, niedrig dezentralisiert und hoch dezentralisiert (Medianteilung), so wird ersichtlich, dass Unternehmen, die ihren dezentralen Einheiten eine hohe Autonomie für die strategischen Themen zuschreiben, ein signifikant effektiveres Controlling aufweisen. Betrachtet man demgegenüber die Dezentralisierung der operativen Themen, so zeigt sich, dass eine Dezentralisierung hier keinen Einfluss auf die Effektivität des Controllings hat. Dadurch bestätigt sich der Dezentralisierungstrend, damit die dezentralen Einheiten möglichst nah am Markt und den Kunden sein können, um auf Änderungen schnellstmöglich reagieren zu können. Es lässt sich jedoch festhalten, dass eine bloße operative Autonomie der dezentralen Einheiten nicht ausreichend ist, um erfolgreich steuern zu können. Die dezentrale Einheit und dessen Controlling brauchen vor allem die strategische Autonomie, um in dem komplexen Umfeld von heute navigieren und erfolgreich sein zu können.

Handlungsempfehlungen für die Praxis

Aus den vorliegenden Ergebnissen lassen sich folgende Handlungsempfehlungen für die Praxis ableiten:

  • Bezüglich des Unternehmensumfelds und der dezentralen Einheit sollten Unternehmen hinterfragen, wie komplex ihre aktuelle Umwelt hinsichtlich der Dimensionen Wettbewerbsumfeld, Markumfeld und technologisches Umfeld ist. Nach dieser Evaluation der Umwelt sollte das Controlling auf komplexe Bereiche, wie bestimmten Markt‐ oder Wettbewerbsaspekten, seinen Fokus legen, da diese wesentlich für den Erfolg und das Fortbestehen der dezentralen Einheit bzw. des Unternehmens sein können.
  • Einen der wichtigsten Punkte stellt aber wohl das strategische Empowerment des Controllings der dezentralen Einheiten dar, um dessen Controlling in seiner Effektivität zu steigern.

Es schafft nur die weitestgehend strategische Autonomie des Controllings der dezentralen Einheit einen wirklichen Mehrwert für dessen Effektivität. Die Unternehmen sollten aus diesem Grund eher vermeiden, dezentrale Einheiten zu etablieren, denen nur eine operative Entscheidungsbefugnis zusteht, da diese ohne strategische Richtungsänderungen keinen Vorteil aus der dezentralen Ausrichtung ziehen können. Die Erkenntnisse der durch das Centre for Performance Management und Controlling durchgeführten Studien fließen in unsere Weiterbildungsangebote. So greift zum Beispiel der Zertifikatsstudiengang Certified Financial Expert diese drängenden Fragen auf.

Autoren

 

Prof. Dr. Ronald Gleich
Professor für Management Practice & Control

 

 

Seit August 2020 ist Ronald Gleich Professor for Management Practice and Control an der Frankfurt School. Seine Forschung konzentriert sich auf aktuelle sowie praktisch relevante Fragestellungen des Controllings, des Innovationsmanagements und des Performance Measurements.

 

Prof. Dr. Uwe Kowatz
Wissenschaftliche Assistenz im Bereich empirische Sozialforschung

 

 

Prof. Dr. Uwe Kowatz ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Experte für empirische Sozialforschung am Centre for Performance Management & Controlling der Frankfurt School of Finance & Management.

 

Marius Knierim
Head of Value bei Hays AG

 

 

Marius Knierim ist Head of Value Creation bei Hays und beschäftigt sich u.a. mit allen Themen rund um Unternehmenssteuerung und Transformation der Finanzfunktion

 

Nils Gimpl
Wissenschaftlicher Mitarbeiter & Projektassistenz

 

 

Nils Gimpl ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centre for Performance Management & Controlling der Frankfurt School und Doktorand an der Universität des Saarlandes. Er interessiert sich für Themen, die sich mit der Digitalisierung des Controllings, Data Analytics und der strategischen (Personal)planung beschäftigen.

Literaturverweise:
Horváth, P., Gleich, R., & Seiter, M. (2020). Controlling. Munich: Vahlen.

Gleich, R., & Temmel, P. (2007). Organisation des Controlling – Impulse aus der Wissenschaft. Organisation des Controlling. Grundlagen, Praxisbeispiele und Perspektiven, Freiburg, 13‐32.

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