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Das Firmenkundengeschäft – ein Verdrängungsmarkt?
Weiterbildung / 4. Februar 2019
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Produktmanagerin Projektmanagement
Barbara Rave (M.A.) ist Produktmanagerin im Bereich Professional & Executive Education der Frankfurt School. Sie konzipiert Weiterbildungsprogramme in den Themenfeldern Strategy & Change Management sowie Technology & Operations.

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Das Corporate Finance-Geschäft bleibt für Finanzinstitute ein lukrativer Markt. Gleichzeitig wird dieser Markt immer härter umkämpft. Internationale Großbanken drängen mit neuen Konzepten und Strategien auf den attraktiven deutschen Markt im Firmenkundengeschäft oder bauen ihre Engagements aus. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: ein solides Wirtschaftswachstum führt zu liquiden Unternehmen. Gleichzeitig steigt in der Unternehmenslandschaft der Investitionsbedarf. Es gilt, sich auf unsichere politische und wirtschaftliche Verhältnisse vorzubereiten (Stichwort Brexit), aber auch, noch stärker die Chancen zu nutzen, die die Digitalisierung und Automatisierung für ein breites Spektrum der Unternehmen bieten. Unternehmen, die diese Herausforderungen proaktiv angehen, konzentrieren sich dabei nicht ausschließlich auf den deutschen Markt. Bei solchen Ambitionen kann ein global oder zumindest europäisch gut aufgestelltes Finanzinstitut als Partner bei der Marktentwicklung und dem Ausbau der Geschäftstätigkeit punkten.

Die neuen Player, die das das lukrative „Spielfeld“ des Corporate Finance-Marktes betreten, sind noch überschaubar. Die Bereitschaft der Kunden, ihr Geld lieber von einem FinTech als von einem bekannten Kreditinstitut verwalten zu lassen, hält sich – genauso wie im Privatkundengeschäft – auch im Firmenkundengeschäft in Grenzen. Dennoch reagieren die etablierten Marktakteure auf die Neuen, indem sie die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle für Unternehmenskunden anstoßen. So stimulieren neue Ideen und Möglichkeiten die Innovationskraft der etablierten Finanzpartner. Aufgrund der Finanzkrise und hoher IT-Umsetzungskosten aufsichtsrechtlicher Vorgaben haben viele Kreditinstitute verhältnismäßig spät Digitalisierungsstrategien entwickelt. Doch darauf nimmt der Markt keine Rücksicht, sodass digitale Dienstleistungen rasch ausgebaut werden und vor allem schnell ertragreich sein müssen.

Persönlicher Bezug trotz Digitalisierung im Firmenkundengeschäft

Die klassische Strategie, den Firmenkunden durch den Aufbau einer starken persönlichen Beziehung, an das Kreditinstitut zu binden, ist personalintensiv – und das bedeutet hohe Kosten. Demgegenüber stehen rein digitale Angebote für Firmenkunden, die auf ein hohes Maß an Standardisierung und Automatisierung setzen. Die Herausforderung der Finanzinstitute besteht darin, trotz dieser Digitalisierung den persönlichen Bezug zum Kunden nicht zu verlieren.

Natürlich ist Firmenkunde nicht gleich Firmenkunde – einen bedeutenden Teil machen KMUs und Kleinstunternehmen aus. Deren Anforderungen an ihre Finanzgeber ähneln häufig denen von Privatkunden, wie Bargeldversorgung, Kontoführung, schnelle Bearbeitung von Anfragen aller Art, Auslandszahlungen, Payment-Lösungen und natürlich Kreditvergaben. Die automatisierte Kreditvergabe bis zu einer bestimmten Höchstgrenze innerhalb von 24 Stunden bei vorliegender Bonität und ausreichenden Sicherheiten haben mittlerweile viele Institute im Angebot. Doch das Potenzial mittels Algorithmus-gesteuerter und standardisierter Prozesse die Bedürfnisse der Masse zu bedienen, ist noch nicht ausgeschöpft. Mit zunehmendem Umsatz wachsen natürlich die Ansprüche an das Angebotsportfolio der Banken.

Gerade das für Banken besonders ertragreiche Großkundengeschäft erfordert auch weiterhin viel Manpower. Branchenspezialisten für die Geschäftsbereiche des Kunden oder die Sicherstellung global fließender Finanzierungsströme werden auch in Zukunft die Kunden persönlich betreuen. Komplett digitalisierte Beratungsprozesse zur Unternehmensfinanzierung für das Management von Zins- und Währungsrisiken sind in diesem Kundensegment noch eine Ausnahme. Ein beispielsweise von der Commerzbank entwickeltes Online-Tool zeigt verschiedene Szenarien zu bestehenden FX- und Zins-Risiken auf und bietet dem Kunden eine Algorithmus-basierte Produktempfehlung zur Absicherung seiner Risiken an.

Der Ausbau solcher und weiterer Angebote zu IT-gestützten Firmenkunden-Plattformen, die die Kunden für ihr eigenes Finanzmanagement nutzen können, birgt Potenzial für Banken. Implementiert man beispielsweise die Plattform in die IT-Struktur des Unternehmenskunden, erreicht man praktisch automatisch eine enge Kundenbindung. Hier lohnt es sich, einen Schritt weiterzudenken und Plattformen nicht nur für standardisierte Angebote zu Produkten an den Kunden zu nutzen, sondern auch über Anwendungsexperimente der Blockchain-Technologie nachzudenken. Deren Einsatz könnte zum Beispiel im Zusammenhang mit Auslandsgarantien und Avalprodukten im Import-/Exportgeschäft den Kunden einen überzeugenden Mehrwert bieten.

Innerhalb der Plattformökonomie lauert aber auch eine bisher unterschätzte Konkurrenz für das Firmenkundengeschäft. Große Plattformanbieter wie Amazon haben die Möglichkeit erkannt, ihr Angebot um Finanzdienstleistungen für ihre Händler auszubauen und beispielsweise unkompliziert Kredite zu vergeben, bei denen die Ware der Händler, die sie auf der Marktplatz-Plattform anbieten, als Sicherheit dient.

Die größte Chance – und wichtigste Aufgabe – liegt im Ausbau der Plattform-Angebote. Banken müssen rasch frische Ideen – auch von Kooperationspartnern – entwickeln und diese auf ihre digitalen Plattformen und an die Kunden bringen. Maßstab muss dabei sein, das Leben der Kunden einfacher zu machen und die Bank in ihrem Alltag relevanter. Gleichzeitig brauchen alle Häuser spürbare Fortschritte beim digitalen Umbau ihres Kerngeschäfts.

Klassische und moderne Instrumente der Unternehmensfinanzierung bieten die beiden Zertifikatsstudiengänge Corporate Finance Professional sowie Corporate Banking Professional der Frankfurt School.

Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie in der MOONROC Fundament Firmenkunden 2018.

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