Nach dem Ausbruch der Pandemie und dem ersten Lockdown im März 2020 wurde schnell deutlich, dass das Corona-Virus nicht ohne Folgen für Prosperität der betroffenen Volkswirtschaften bleiben würde. Auch wenn einzelne Branchen sich als Pandemie-Gewinner herausstellten, zeigte sich in Deutschland bald ein Rückgang des BIP, der sich aus vielen Umsatzrückgängen in kleinen und großen Unternehmen ergab. Angesichts der zum Teil dramatischen Folgen für die Geschäftswelt verwundert es nicht, dass das Virus auch in die Sprache der Geschäftswelt Einzug hält. Anders gesagt: Corona infiziert auch die externe Finanzberichterstattung – durch das sogenannte EBITDAC (Earnings Before Interests, Taxes, Depreciation, Amortization and Covid-19).
So machte beispielsweise das Darmstädter Unternehmen Schenck Process Group mit der Schöpfung dieser neuen um Covid-19-Effekte bereinigten Kennzahl von sich reden. Ähnliche Bereinigungen führte auch die Parfümerie-Filialkette Douglas bei der Präsentation der Halbjahreszahlen 2019/20 durch, indem Leerlaufkosten für Personal und Miete im Zusammenhang mit geschlossenen Filialen während des „Lockdowns“ im Frühjahr 2020 wieder zum Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) hinzugerechnet wurden. Derartige „Bereinigungen“ werden einerseits mangels unternehmensübergreifender Vergleichbarkeit sowie aufgrund der potenziellen Beeinflussung von Investoren sowohl in der Wissenschaft als auch in der Praxis kritisch beäugt. Angesichts der weitreichenden Auswirkungen der Pandemie auf die Wirtschaftsleistung kann es andererseits sehr sinnvoll sein, nach Leistungskennzahlen zu suchen, die Auskunft über die Krisenbewältigungskompetenz betroffener Unternehmen geben.
In einer Studie widmen sich Professor Dr. Jochen Pilhofer und Sascha B. Herr, M.A., (beide Fakultät für Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes) der Frage, welche Auswirkungen sich durch die weltweite Covid-19-Pandemie für die externe Finanzberichterstattung börsennotierter Unternehmen ergeben. Die oben erwähnte Kennzahl EBITDAC ist eine sogenannte „Alternative Leistungskennzahl“, die im Englischen als „Alternative Performance Measures“ – kurz APMs – bezeichnet werden. Bei den APMs handelt es sich um freiwillig von Unternehmen veröffentlichte, ungeprüfte Kennzahlen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, bei denen bestimmte Ergebnisbestandteile (i.d.R. Aufwendungen) „bereinigt“ werden, ohne dabei jedoch einem standardisierten Berechnungsschema zu folgen. Ein Schwerpunkt der Studie sind demnach Erkenntnisse, wie die Covid-19-Pandemie solche APMs beeinflusst. Dafür fokussiert sie sich auf die Finanzberichterstattung der DAX-Segmentunternehmen wie beispielsweise SAP, Siemens, BMW, Daimler oder Volkswagen. Diese Unternehmen gehören zu den größten und meistgehandelten börsennotierten Unternehmen in Deutschland. Die von ihnen publizierten Berichte entfalten eine „Vorbildfunktion“ für die externe Finanzberichterstattungspraxis. Aus dieser „Best Practice“ lassen sich auch Gestaltungs- und Handlungsempfehlungen für nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen ableiten.
Die Studie entsteht im permanenten Dialog sowohl mit börsennotierten als auch mittelständischen Unternehmen. Von dieser engen Verzahnung zwischen Theorie und Praxis profitieren auch die Teilnehmer des Online-Zertifikatsstudiengangs Certified Accounting Professional. Praxisbeispiele und Fallstudien sind wesentlicher Bestandteil des Curriculums und dienen als Grundlage für Diskussionen mit und zwischen den Teilnehmenden. Die Ergebnisse der Studie werden im Spätsommer erwartet – wir werden berichten.
Der Beitrag wurde entwickelt aus Pilhofer, Jochen (2021): Externe Finanzberichterstattung in Zeiten von Corona. Empirische Analysen der DAX-Segmentunter-nehmen. In: Sichtbar extra, Extrabeilage der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, 2. Juni 2021, S. 2. Herausgeber: Ressort Forschung und Wissenstransfer.