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EU-Sanktionen – wie können Compliance Officer darauf reagieren?
Weiterbildung / 25. Juli 2022
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Tassilo W. Amtage ist Director im Bereich Financial Crime Prevention der UBS Europe SE in Frankfurt. In seiner Tätigkeit ist er für die Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen zur Verhinderung der Geldwäsche, Terrorfinanzierung und strafbarer Handlungen verantwortlich. Dies beinhaltet auch die Beachtung der Sanktionsmaßnahmen der EU. Er ist seit vielen Jahren erfolgreich im Bereich Sanktionen und Embargos als Dozent für die Frankfurt School tätig.

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Die Entwicklung der Sanktionen in 2022 zeigt einmal mehr, wie wichtig eine strukturierte Methode bei der Analyse von neuen regulatorischen Entwicklungen sein kann. Die Teilnehmenden eines Fachseminars in 2021 wären wohl auf die Entwicklungen der letzten Monate nur unzureichend vorbereitet gewesen, wenn sie sich dort lediglich mit den Details der bestehenden Sanktionsmaßnahmen beschäftigt hätten. Entscheidend ist vielmehr, die Arten und Strukturen der Sanktionen zu studieren, um neue Maßnahmen schneller in ein systematisches Verständnis einordnen zu können.

Die Herangehensweise für Compliance-Mitarbeiter ist abhängig vom Geschäftsprofil

Allein seit Februar – und nur in Bezug auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine – gab es seitens der EU in den bisher sechs „Paketen“ mehr als 30 offizielle Verkündungen neuer Verordnungstexte im Amtsblatt. Und erfahrene Praktiker wissen, dass man auch den Blick auf das dem US-Finanzministerium untergeordnete Office of Foreign Assets Control (OFAC) richten muss, bei dem mehr als 20 Veröffentlichungen zu verzeichnen waren. In beiden Fällen kommen noch zahlreiche Aktualisierungen der begleitenden Materialien (beispielsweise Frequently Asked Questions – FAQs) hinzu.

Die optimale Herangehensweise eines für dieses Thema verantwortlichen Compliance Mitarbeiters hängt zunächst vom Geschäftsprofil seines Arbeitgebers ab, denn die Vielzahl der Sanktionsmaßnahmen werden von unterschiedlicher Relevanz sein. So muss sich zum Beispiel ein Finanzdienstleister in der Regel weniger um Ein- und Ausfuhrbeschränkungen kümmern, es sei denn, er ist an der Finanzierung solcher Handelsgeschäfte beteiligt. Ein mittelständischer Maschinenbauer wird sich kaum mit den Ausnahmetatbeständen der Finanzsanktionen auseinandersetzen müssen, sollte dafür aber die Beschränkungen in Bezug auf seine Güter und Märkte kennen.

Finanzsanktionen im Unterschied zu weiteren Sanktionsmaßnahmen

Es ist des Weiteren wichtig, Finanzsanktionen von der Vielzahl andersartiger Maßnahmen zu unterscheiden. Die zwei Bestandteile der Finanzsanktionen, das Verfügungsverbot und das Bereitstellungsverbot, führen im Ergebnis – vereinfacht betrachtet – dazu, dass sämtliche Geschäfte mit den dort genannten Personen untersagt sind.

Bis 2014 war damit der Umgang mit Personen auf einer Sanktionsliste weitgehend fachlich geklärt. Dann wurden die sogenannten Sektoralen Sanktionen eingeführt. Plötzlich standen weitere (juristische) Personen auf einer Liste, die nicht mit den bekannten Finanzsanktionen belegt waren, sondern für die andere Regeln galten. Es war eben nicht jegliches Geschäft verboten, sondern nur bestimmte Kreditgeschäfte und Wertpapiergeschäfte. Daneben gab es einige Finanzierungsverbote in Bezug auf bestimmte Güter und Technologien.

Sanktionspakete bilden ein komplexes Regelwerk zur Risikoabwehr in Unternehmen

Die Vielfalt dieses Instrumentariums wurde in den oben genannten sechs Sanktionspaketen nun weiterentwickelt. Besonders die diversen Verbote der Bereitstellung von Finanzmitteln oder Finanzhilfen sind an unterschiedliche Kriterien geknüpft wie Güter, Technologien, Dienstleistungen, Regionen oder Personen. Hinzu kamen auch schwellenwertbezogene Einlagenverbote.

Es mag politisch nachvollziehbar sein, dass diese Maßnahmen höchst differenziert konzipiert und abgestimmt werden, um die jeweils damit verbundene außenpolitische Wirkung – vor allem Eskalation – mit Augenmaß voranzutreiben. Das Ergebnis ist jedoch ein binnen kürzester Frist entstehendes strafbewehrtes Regelwerk, das dem betroffenen Praktiker viele Fragen im Rahmen der konkreten Umsetzung stellt.

Ein strukturelles Verständnis der Entstehung, Analyse und Anwendung solcher Regelungen kann hier der Schlüssel zur erfolgreichen Risikoreduzierung für das eigene Unternehmen und dessen Mitarbeiter sein. Hinzu kommt hier auch das Verständnis für die Bezugspunkte zwischen der Beachtung von Finanzsanktionen und der Einhaltung des Geldwäschegesetzes. Die neuen Sanktionen verlangen in besonderem Maße die Fähigkeit, sämtliche Russland-Bezüge im eigenen Kunden- und Transaktionsportfolio rasch erkennen und laufend überwachen zu können. Dies wird erleichtert, wenn das Unternehmen bereits zuvor im Rahmen der Umsetzung der Kundensorgfaltspflichten (Know Your Customer) entsprechende technische Auswertungsmöglichkeiten sichergestellt hat und nun auf diese zurückgreifen kann. Solche länderbezogenen Auswertungs- und Überwachungssysteme tragen dazu bei, auch bei neuartigen Sanktionsmaßnahmen künftig schneller und zuverlässiger die relevanten Risiken erkennen zu können.

Dies wird in den Zertifikatsstudiengängen Certified Compliance Professional und European Certified Compliance Professional an der Frankfurt School durch erfahrene Praktiker nicht nur für Sanktionen und Embargos, sondern für alle Compliance-Themen vermittelt. Durch systematische Einführungen gepaart mit Fallbeispielen lernen die Teilnehmenden den Umgang mit den Compliance-Themen von heute und den Risiken von morgen.

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