Es ist offiziell: Die Bundesregierung will große deutsche Unternehmen stärker in die Verantwortung für ihre Zulieferer nehmen. Das bedeutet konkret, dass zukünftig eine Haftung für Missständen in der Lieferkette – und zwar von der Rohstoffproduktion bis zum Endprodukt – geltend gemacht werden kann.
Ausgangspunkt für dieses Lieferkettengesetz war nicht die Regierung oder das Parlament selbst, sondern die GewerkschafterInnen, vor allem von ver.di, die wiederum mit der GWTUC in Bangladesch (Garment Workers‘ Trade Union Centre) zusammenarbeiten. Ereignisse wie die Rana-Plaza-Katastrophe, die im Jahr 2013 1.133 Todesopfer forderte, stehen sinnbildlich für die Überausbeutung der Textilarbeiterinnen in Asien, der Bergarbeiter im Kongo usw.
Umweltverbände machen sich ebenfalls für die Sache stark, denn neben brutalen Arbeitsbedingungen für die Menschen sollen auch Missstände gegenüber unserer Umwelt angefochten werden. Mithilfe einer Petition wiesen die Unterstützer Bundeskanzlerin Angela Merkel auf die Notwendigkeit eines solchen Lieferkettengesetzes hin, nun gibt es enorme Fortschritte.
Ein Faktenpapier zum Gesetz umfasst eine Sorgfaltspflicht der hiesigen Unternehmen, bezüglich ihrer Supply-Chain. Diese beschränkt sich jedoch zunächst auf das eigene Unternehmen und den ersten direkten Zulieferer. Pflichten bei weiter vorgelagerten Lieferanten entstehen nur, wenn dem deutschen Unternehmen Erkenntnisse vorliegen, dass dort etwas nicht in Ordnung ist. Dann muss diesen Hinweisen nachgegangen werden, da eine mittelbare Verantwortung vorliegt. Generell müssen sowohl die Gegebenheiten bezüglich Arbeitsbedingungen, Sicherheit als auch Gesundheit untersucht werden. Auch der Ausschluss von menschengefährdenden Umweltsünden muss erfolgt sein. Maßgeblich sind dabei die Menschenrechtsstandards der Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation.
Diese Risikoanalyse sei mit dem geltenden Gesetz jährlich vorzunehmen. Außerdem beinhaltet das Lieferkettengesetz das Verfassen einer Grundsatzerklärung und das Ergreifen von Präventionsmaßnahmen. Sollte ein Betrieb eine Menschenrechtsverletzung erkennen, muss er sofort Abhilfemaßnahmen einleiten, die nach unmittelbaren und mittelbaren Zulieferern zu differenzieren sind. Bei Verstößen werden empfindliche Bußgelder bis zu zehn Prozent des Umsatzes verhängt werden können, der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen für bis zu drei Jahre ist ebenfalls möglich. Diese Maßnahmen sollen gewährleisten, dass skrupellose Geschäftspraktiken sich nicht länger lohnen. Monopole und Konzerne sollen dazu verpflichtet werden, bei ihren ausländischen Lieferanten menschenwürdige Arbeitsbedingungen und die Einhaltung von Umweltstandards durchzusetzen. Für die Kontrolle der Sorgfaltspflichten wird das Bundesamt für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle zuständig sein.
Das Gesetz trete Anfang 2023 in Kraft tritt, so heißt es aus Berlin. Zunächst werden alle Unternehmen eingezogen, die 3000 Mitarbeiter in Deutschland haben, ein Jahr später soll diese Schwelle auf 1000 Beschäftigte sinken. Damit hätten die meisten Betriebe drei Jahre Zeit, sich auf die Vorschriften vorzubereiten.
Der vorläufige Referentenentwurf für das Gesetz steht bereits und geht noch über die Eckpunkte im vom Arbeits-, Wirtschafts- und Entwicklungsministerium veröffentlichten Faktenpapier hinaus. Die Tagesschau berichtet jedoch aktuell von Unstimmigkeiten mit dem Wirtschaftsministerium. Hier wurden Stimmen laut, die den Entwurf für zu streng erachten. Die Einführung des Gesetzes wird daher zwar noch Zeit in Anspruch nehmen, eins ist jedoch klar: Das Lieferkettengesetz wird kommen!
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