FRANKFURT SCHOOL

BLOG

Restrukturierung als Chance für die Immobilienwirtschaft
Weiterbildung / 11. Juni 2024
  • Teilen

  • 4291

  • 0

  • Drucken
Head of Real Estate Institute, Frankfurt School of Finance & Management
Prof. Dr. Kerstin Hennig ist seit November 2023 Management Practice Professorin für Real Estate an der Frankfurt School, Leiterin des FS Real Estate Institute und Academic Director der FS Real Estate Executive Education.

Autorenprofil

Mehr Blog Posts
The Future of AI in Finance: 4 Key Trends to Watch
IT-Governance im Fokus: DORA - Schlüssel zu digitaler Sicherheit im Finanzsektor
Alles unter Kontrolle? KI und maschinelles Lernen in der Finanzbranche

Disruptive Zeiten für die Immobilienwelt: Nach mehr als einer Dekade nahezu ungehemmten Wachstums wurde der Immobilienwirtschaft, wie bereits 2008, schmerzhaft die enge Verflechtung mit dem Kapitalmarkt vor Augen geführt. Ein historisch einmalig schneller Anstieg der Zinsen, der in dieser Form nicht vorhersehbar war, stellt die Wirtschaftlichkeit einer Vielzahl von Projekten und damit oft die Existenz von Immobilienunternehmen infrage. Im Unterschied zu der Finanzkrise im Jahr 2008 sieht sich die Immobilienwirtschaft aber diesmal multikausalen Veränderungen ausgesetzt: Digitalisierung, Nachhaltigkeit, demografischer Wandel, verändertes Nutzerverhalten werden beschleunigt. Verschärft wird dies zudem durch die Covid-19 Pandemie und den Ukraine-Krieg mit ihren Folgen, die nicht zuletzt geostrategische Spannungen für die Immobilienbranche in einer nie dagewesenen Weise hervorgerufen haben. Um diese Herausforderungen zu meistern, müssen Immobilienunternehmen ihre Geschäftsmodelle und Prozesse grundlegend neu ausrichten. Restrukturierung kann in diesem Szenario zu einem wertvollen Wegweiser werden, der Unternehmen dabei unterstützt, sich neu zu erfinden und zukunftsfähig aufzustellen. Sie bietet die Möglichkeit, Prozesse zu optimieren, Hierarchien abzubauen und die Entscheidungsfindung zu beschleunigen.

Herausforderungen als Katalysatoren für Innovation

Die Herausforderungen des Immobiliensektors sind gleichzeitig Sprungbretter für Innovation. Digitale Lösungen optimieren Prozesse, nachhaltige Bauweisen schonen Ressourcen und der demografische Wandel erfordert neue Lösungen – darunter auch die Einbindung von KI. Unternehmen, die diese Veränderungen als Chance begreifen und aktiv gestalten, können sich neu positionieren und zukunftsfähige Angebote entwickeln, die den Bedürfnissen und der Transformation des Immobilienmarktes entsprechen.

Restrukturierung: Der Taktgeber des Wandels

Restrukturierung ist dabei der Taktgeber des Wandels. Sie ermöglicht es Unternehmen, ihre Strukturen und Prozesse an die neuen Herausforderungen und Chancen anzupassen. Ineffizienzen werden beseitigt, Kosten gesenkt und neue Geschäftsfelder erschlossen. Doch Restrukturierung ist kein Selbstläufer, sondern ein komplexer Prozess, der mit Bedacht und Fingerspitzengefühl gesteuert werden muss. Sie erfordert ein tiefgreifendes Verständnis der aktuellen Trends, eine klare Vision für die Zukunft und die Fähigkeit, die notwendigen Veränderungen entschlossen und gleichzeitig wertförderlich umzusetzen.

Wie ein Tänzer auf dem Drahtseil muss die Immobilienbranche die Balance zwischen Bewahrung und Innovation finden. Altes muss losgelassen werden, um Neues zu wagen. Mitarbeiter müssen eingebunden und Widerstände abgebaut werden. Gleichzeitig gilt es, die Kernkompetenzen zu stärken und die Identität des Unternehmens zu bewahren.

Erfolgsfaktoren für den Restrukturierungstanz

Um den Wandel erfolgreich zu gestalten, stehen Unternehmen verschiedene Restrukturierungsinstrumente zur Verfügung. Diese lassen sich in vier Kategorien einteilen:

Finanzielle Restrukturierung: Die Anpassung der Kapitalstruktur und die Reduzierung von Schulden gehört zu den zentralen Aufgaben. Die finanzielle Stabilität des Unternehmens muss gesichert werden, um die langfristige Überlebensfähigkeit zu gewährleisten. Dies kann durch Maßnahmen wie die Umschuldung von Krediten, die Neuaufnahme von Eigenkapital, die Bildung von Joint Ventures oder den Verkauf von Assets erreicht werden.

Strategische Restrukturierung: Die Neudefinition des Geschäftsmodells und der strategischen Ausrichtung ist das Ziel der strategischen Restrukturierung. In dieser Phase wird das Unternehmen neu positioniert und an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Dies kann durch Maßnahmen wie die Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen, die Erschließung neuer Märkte oder die Veräußerung oder Hinzunahme von Geschäftsbereichen erreicht werden.

Rechtliche Restrukturierung: Die Anpassung der Rechtsstruktur des Unternehmens an die neuen Gegebenheiten und die rechtliche Absicherung der Restrukturierungsmaßnahmen sind Aufgaben der rechtlichen Restrukturierung. Hier geht es darum, rechtliche Risiken zu minimieren und den Restrukturierungsprozess auf eine solide Basis zu stellen. Dies kann durch eine Vielzahl von Sanierungsmaßnahmen erreicht werden, wobei auch eine Insolvenz nicht das Ende des Unternehmens bedeutet, sondern, richtig durchgeführt, einen Neuanfang bilden kann.

Operative Restrukturierung: Die Optimierung von Prozessen und Kostenstrukturen steht im Mittelpunkt der operativen Restrukturierung. Ziel ist es, die Effizienz des Unternehmens zu steigern und Ressourcen besser zu nutzen. Dies kann durch Maßnahmen wie die Verschlankung von Organisationsstrukturen oder die Verbesserung des Projekt- und Assetmanagements erreicht werden.

Restrukturierung als Chance für Innovation

Restrukturierung ist nicht nur ein Mittel zur Bewältigung von Krisen, sondern auch eine Chance für Innovation. Unternehmen, die diesen Wandel aktiv und kreativ gestalten, können sich neu erfinden und zu den Gewinnern der Zukunft werden.

Wertvolle Einblicke in die Welt der Immobilienrestrukturierung erhalten Sie in dem modular aufgebauten Intensivseminar Real Estate Restructuring, mit vier praxisorientierten Modulen (Marktsituation, Unternehmensperspektive, Finanzierungsperspektive, Prozesse). Das Seminar bietet einen tiefen Einblick in die Fragestellungen und Herausforderungen von Unternehmen, die sich vor- oder in einer Restrukturierung befinden. Es vermittelt Wissen zu den hochkomplexen Themenfeldern und wurde speziell für die Bedürfnisse der Immobilien- und Finanzwirtschaft konzipiert.

Co-Autor

 

Dr. Alexander Goepfert
1. Vorsitzender des Frankfurt School Real Estate Institute (FS REI)

 

 

 

Prof. Dr. jur. Alexander Goepfert ist Rechtsanwalt und Honorarprofessor für Immobilienwirtschaftsrecht. Als einer der Gründungssponsoren des FS Real Estate Institute hat er seit November 2023 die Position des 1. Vorsitzenden des Praxisbeirats des FS Real Estate Institute übernommen. Zuvor war er Mitgründer und über viele Jahre Vorsitzender des Kuratoriums des Real Estate Instituts an der EBS Universität, an dem er das Competence Center für Real Estate Law und Capital Market leitete. Er war von 1986 bis 2011 Anwalt und Partner der Sozietät Freshfields Bruckhaus Deringer LLP in Düsseldorf und von 2011 bis 2018 als Leiter der weltweiten Real Estate Investment Group Partner der Sozietät Noerr Partnerschaftsgesellschaft mbB. Bis Januar 2021 war er Senior Advisor von Apollo Global Management und bis vor kurzem CEO der DEMIRE AG. Prof. Goepfert wird seit vielen Jahren zu einem der wichtigsten Köpfe der deutschen Immobilienwirtschaft gezählt Er berät internationale Investoren und Projektentwickler bei großen Immobilienprojekten in Deutschland und Europa und ist auf die Strukturierung komplexer Immobilientransaktionen unter besonderer Einbeziehung von Finanz-, Steuer- und Planungsaspekten spezialisiert. Er war maßgeblich in viele große Private Equity-Investitionen involviert, u.a. für Apollo, Blackstone, Lone Star, und Morgan Stanley. Ferner ist er Vizepräsident des Instituts der deutschen Immobilienwirtschaft (iddiw), Mitglied in einer Reihe von Beiräten und Aufsichtsräten von börsen- und nicht börsennotierten Unternehmen sowie Mitherausgeber und Autor des Standardwerks „Immobilienwirtschaftslehre – Recht“.

0 Kommentare

Senden