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Besonderheiten von M&A Transaktionen in Zeiten der Krise und Insolvenzen
Weiterbildung / 1. Februar 2023
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Dozent | Master of Finance Class of 2016
Julian Coley ist Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Coley Corporate Finance GmbH, einer auf M&A spezialisierten Unternehmensberatungsgesellschaft und zudem Absolvent des Master of Finance an der FS. Er verfügt über langjährige M&A-Erfahrung und hat bereits zahlreiche nationale und internationale Transaktionen begleitet. Vor der Gründung seiner eigenen Unternehmensberatung arbeitete Herr Coley bei PwC, IPONTIX Corporate Finance und der Commerzbank.

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Während und nach der Krise sind Kauf und Verkauf von Unternehmen oder Unternehmensteilen eine übliche Praxis und dienen beispielsweise der Cash-Generierung bzw. der Portfoliobereinigung. Nach vielen Jahren der rückläufigen Unternehmensinsolvenzen hat sich die Zahl 2022 wieder erhöht und eine Zunahme an Krisenfällen verzeichnet. Befeuert wurde dies hauptsächlich durch inflationsbedingte und industrieübergreifende Nachfrageschocks sowie aufgrund der durch die Pandemie und fragile Lieferketten geschwächten Wirtschaft. Die Herausforderungen im Zuge eines Unternehmenserwerbs bzw. der -veräußerung wandeln sich fundamental, sobald eine Krise die Transaktion beeinflusst.

Die Transaktionssicherheit gewinnt an Bedeutung

Distressed M&A findet insbesondere ab der Liquiditätskrise und dem Start der aktiven Restrukturierung Anwendung. In dieser Phase müssen die Auswirkungen der Krise auf das Unternehmen richtig eingeschätzt werden und oft gilt es, eine Interessensdivergenz der Stakeholder aufzulösen bzw. dieser zu begegnen. In vielen Fällen sind bereits Maßnahmen mit Fälligkeitsorientierung wie z. B. Stundungen, Stand-Still-Agreements und Working Capital Optimierungen im Einsatz und fungieren als Erstmaßnahmen der Geschäftsriege zur Erhaltung von Liquidität in der Krise.

Der Verkauf bzw. die Übernahme von Unternehmen aus Krise und Insolvenz erfordern unter Zeitdruck einen kühlen Kopf zu bewahren und die verschiedenen Interessen der Stakeholder sowie die eingesetzten Stabilisierungsmaßnahmen permanent zu managen. Kritisch zu beachten sind zudem die Besonderheiten der jeweiligen Phase der Krise. Der insolvenznahe M&A-Prozess unterscheidet sich rudimentär von dem M&A-Prozess ab Beginn der Insolvenz. Während im Rahmen eines insolvenznahen Verfahrens in der Regel die Eigentümer aktiv Lösungen suchen, steht für das Unternehmen im Insolvenzverfahren die Gläubigerbefriedigung im Vordergrund. Aus diesem Grund müssen in der Insolvenz alle potenziellen Investoren in den Prozess eingebunden werden.

Entscheidend bei der Wertfindung und der Ausgestaltung des Prozesses sind die Cash-Reserve des Unternehmens und mögliche Stabilisierungsmaßnahmen, die Zeit gewinnen oder eine Begründung für einen akzelerierten Prozess darstellen können. Durch den Einsatz von Adjustments / Normalisierungen kann in Fällen mit einer hohen Cash-Reserve zwar ein Einsatz von marktbasierten Bewertungsverfahren ermöglicht werden, häufig erfolgt jedoch die Anwendung von Liquidationswerten durch Investoren, also der Einsatz von Veräußerungspreisen. Ebenfalls sollten die Eigentumsverhältnisse stets sorgfältig geprüft werden, da in der Regel Teile des Anlagevermögens nicht im Eigentum der Gesellschaft stehen (z. B. Eigentumsvorbehalte). An dieser Stelle ergibt sich in vielen Fällen eine Herausforderung in der Insolvenz. Zu beachten ist ferner, dass viele Unternehmen in der Krise über eine schlechte Datenlage und kein performantes Controlling verfügen, um die oben genannten Punkte zu adressieren.

Krisenursachen effizient beseitigen

Durch den Erwerb in der Insolvenz können Investoren, Krisenursachen schnell beseitigen. Hierfür muss jedoch vorab eine Planungsbasis geschaffen werden und schnell eine Datenprüfung vollzogen werden. Dies erfolgt durch eine Sanierungsplanung und die Identifikation möglicher wert- und transaktionsbeeinflussender Informationen. Unter Umständen ist auch eine Ableitung des Finanzbedarfs notwendig. Parallel verfügen viele Unternehmen in der Krise über einen Knowledge-Verlust und limitierten Zugang zum Management und zu Mitarbeitern.

Im Rahmen einer Due Diligence müssen diese Aspekte gezielt durch insolvenzerfahrene Berater bespielt und durch eine resiliente Planung wieder Vertrauen in der Belegschaft sowie bei potentiellen Investoren hergestellt werden. Der Insolvenzbaukasten erlaubt es, die aufgedeckten Risiken für den Erwerber zu mitigieren. Sofern auf kommerzieller Seite ein Nutzen durch eine Transaktion geschaffen werden kann, sollten zur Auswahl der Transaktionsstruktur Faktoren wie Lizenzen, Genehmigungen und Kundenverträge im Fokus beleuchtet werden. Im Anschluss ist die Auswahl der anschließenden Erwerbsstruktur zum Beispiel in Form eines Asset Deals, Share Deals (bei Einsatz eines Insolvenzplans) oder durch Nutzung von Umwandlungsmaßnahmen entscheidend. Im Rahmen eines Asset Deals verbleiben etwa sämtliche Verbindlichkeiten bei dem insolventen Rechtsträger und werden nicht übernommen, während das Insolvenzplanverfahren den Erhalt des Rechtsträgers erlaubt und alle Vertragsbeziehungen und Genehmigung fortbestehen.

Personalplanung vereinfachen

Während insolvenznahe Personalrestrukturierungen kostspielig sein können, bestehen ab Beginn der Insolvenz viele Sonderrechte, wie zum Beispiel in Kontext von Verträgen Sonderkündigungs- und Wahlrechte, die durch den Insolvenzverwalter genutzt werden können. Ein zentraler Ankerpunkt eines Asset Deals ist der Betriebsübergang, dessen maßgebliches Ziel der Arbeitnehmerschutz darstellt und der teleologisch über den wirtschaftlichen Interessen des Erwerbers steht. Eine mögliche Umgehung von Risiken resultierend aus einem Betriebsübergang besteht beispielsweise im Einsatz einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (BQG), wodurch sich eine möglichst sozialverträgliche Lösung gestalten lässt.

Alle Aspekte müssen parallelisiert bewertet werden, der Zeitfaktor ist hier mitentscheidend!

Eine Krise bietet zwar die Möglichkeit, Zielunternehmen zu attraktiven Preisen und ohne Altlasten zu erwerben, jedoch erfordert das ein hohes Maß an Stakeholder-Management. Auch wenn Garantien und Gewährleistungen in Insolvenzszenarien meist nicht bestehen, werden Unternehmensteile mit Risiken in der Regel nicht übertragen und abgegrenzt. Ebenfalls spielen „politische“ Reputationsrisiken durch vermeintliche Umstrukturierung auf dem Rücken der Steuerzahler und potenzielle Image- bzw. Reputationsverluste bei Kunden und Lieferanten eine wichtige Rolle bei der Bewertung, welche z. B. durch eine Kommunikationsstrategie integriert werden können. Entscheidend für den Transaktionserfolg ist eine hohe Handlungsgeschwindigkeit und eine pragmatische Herangehensweise zur Vermeidung von Zeit- und Ressourcenengpässen auf beiden Seiten. Für den Insolvenzverwalter muss eine Lösungsfindung im Idealfall bis zur Verfahrenseröffnung und dem Auslaufen von Insolvenzgeldzahlungen vorliegen.

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