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Das EEG – Vertragsgestaltung für Projektfinanzierungen von Erneuerbare-Energie-Anlagen
Weiterbildung / 1. Dezember 2017
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Annette Schmidt ist Rechtsanwältin mit dem Schwerpunkt Strukturierte Finanzierungen im Bereich Erneuerbare Energien, Gesellschaftsrecht, Vertragsrecht und Konsortialfinanzierungen. Sie hat für verschiedene national und international ausgerichtete Banken u.a. in diesem Bereich Erfahrungen und ist als Dozentin bei der Frankfurt School für u.a. Renewable Energy Finance tätig.

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Die Einführung des EEG 2017 hat erste Spuren hinterlassen. Finanzierer, Investoren, Anlagenbetreiber, Kreditnehmer und sonstige Beteiligte haben ihre ersten Erfahrungen im Rahmen von Finanzierungen von Erneuerbare-Energie-Projekten gemacht.

Das einst fünfseitige Gesetz, welches erstmalig im Jahr 2000 in Kraft trat, hat nun ein Volumen von 123 Seiten. Es stellt selbst erfahrene Experten im Bereich der Projekt- und Erneuerbare-Energie-Finanzierungen vor neue und anspruchsvolle Herausforderungen – Herausforderungen, die das Feld der Projektfinanzierung als eine der Königsdisziplinen des Bankgeschäfts ohnehin stellt. Dazu kommen die Unabwägbarkeiten des Gesetzes selbst sowie die weiterführende Diskussion um weiteren Änderungsbedarf. Nicht zuletzt treten erhöhte Anforderungen an das Monitoring entsprechender Finanzierungen auf: zum Beispiel im Hinblick auf Compliance-relevante Anforderungen der Prüfer sowie die Umsetzung in Leitfäden, Prozesse und Kreditvergabeentscheidungen der Finanzierer und Investoren.

Schlüsselfaktor „Ausschreibungsmodell“ und „Marktprämien“ des EEG 2017

Das als umfassend geltende Ausschreibungsmodell im Zusammenhang mit der Marktprämie hat nachhaltige Auswirkungen auf die Gestaltung der Verträge, die den Projektfinanzierungen zugrunde liegen.

Im Zuge des Ausschreibungsverfahrens werden diejenigen Anspruchsberechtigten ermittelt, welche eine bestimmte Anlage unter dem Regime des EEG errichten dürfen. Diese sind entsprechend berechtigt, die Förderungen im Hinblick auf Entgelte für Strom aus Energieanlagen sowie sonstige Berechtigungen unter dem EEG zu in Anspruch zu nehmen. Der für die Bemessung des Entgeltes maßgeblich „anzulegende Wert“ wird für Energieanlagen unter dem EEG grundsätzlich nur noch im Rahmen von Ausschreibungen ermittelt. Eine gesetzliche Vorgabe des Wertes ist daher grundsätzlich nicht mehr gegeben. Im Rahmen der Ausschreibung wird der Wert als maßgeblich ermittelt, welcher ein Anlagenbetreiber geboten hat und für den er den Zuschlag erhält. Auf gesetzlich vorgegebene Werte kann nur noch in Ausnahmefällen zurückgegriffen werden. Bedingung für die Teilnahme an einem Ausschreibungsverfahren ist das Vorliegen einer Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz bzw. der Nachweis der Erfüllung baurechtlicher Vorgaben.

Für den Projektentwickler und den Betreiber bedeutet dies, dass sie zu einem sehr frühen Zeitpunkt bereits Sicherheit im Hinblick auf die vor Ausschreibung anfallenden und zu finanzierenden Kosten haben müssen. Für die finanzierenden Banken hat dieses zur Folge, dass sie ihre Finanzierungszusagen unter entsprechende Vorbehalte stellen müssen; denn: Wenn der Betreiber keinen Zuschlag erhält, entfällt auch die Grundlage für die Finanzierung.

Die Erfüllung vorgegebener Realisierungsfristen mit dem Risiko der Entwertung von Zuschlägen für den Fall der Nichterfüllung stellen, neben möglichen Pönalen und Abschlägen, ebenfalls Herausforderungen an die beteiligten Finanzierungsparteien dar. Diese können eine Projektfinanzierung entweder vollkommen zum Erliegen bringen oder zumindest nachhaltige Auswirkungen auf  die Berechnung der Wirtschaftlichkeit haben. Somit könnten sie erheblich auf die von Banken und Kreditnehmern getroffenen Annahmen im Hinblick auf die Berechnung der Finanzierung einwirken.

Auswirkungen auf die Strukturierung der Finanzierungen und der zugrundeliegenden Verträge

Die Gestaltung von Projektfinanzierungsverträgen (Kredit und gegebenenfalls Sicherheiten), Nutzungsverträgen, Kaufverträgen sowie Werkliefer- und  GU-Verträgen sind vor dem Hintergrund der folgenden Risiken betroffen:

  1. „Ob“ der Erteilung des Zuschlags im Rahmen der Ausschreibung
  2. Zeitpunkt des Zuschlags im Rahmen der Ausschreibung
  3. Endgültige Höhe des Zuschlags im Rahmen der Ausschreibung
  4. Pönalen
  5. Mögliche Entwertung
  6. Anpassung der Zahlung / Rückzahlung

Die Kunst ist es, dem gesetzgeberischen Rahmen im Rahmen der Vertragsfreiheit gerecht zu werden und dies im Interesse aller Beteiligten – unter Berücksichtigung der jeweiligen Anforderungen – umzusetzen. Folgende grundsätzliche Lösungsansätze gibt es:

  1. Ausgestaltung entsprechender Kündigungsrechte / Long-Stop-Vereinbarungen
  2. Aufschiebende / Auslösende Bedingungen
  3. Anpassungen von Zahlungen / Preisen / Nachschusspflichten
  4. Rücktrittsrechte
  5. Mindestkaufpreis
  6. Anpassung der Auszahlungsvoraussetzungen („CPs“) der Banken
  7. Zusätzliche Nachweispflichten

Ausblick

Der Ansporn ist, die Anforderungen des komplexen gesetzlichen Rahmens zielführend umzusetzen und die Vorgaben pragmatisch in wirtschaftlich tragfähige Formen zu bringen.

Auch wenn das neue EEG an die Beteiligten der Projektfinanzierungen noch höhere Anforderungen stellt als ohnehin bereits enthalten, bietet es auch Chancen. Im Sinne von bereichs- und unternehmensübergreifender Zusammenarbeit ergeben sich Möglichkeiten auf neue Erkenntnisse und Entwicklungen.

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