Als ich Anfang der 90er Jahre ins Bankwesen einstieg, galt das Berufsbild als stabil und sicher – wie ein Job bei der Behörde. Das war einer der vielen Gründe, die mich an meinem Studium zum „Diplom Betriebswirt (FH)“ an der „Hochschule für Bankwirtschaft“ (dem Vorgänger der Frankfurt School) gereizt haben.
Zeitlich fiel dies in eine Ära, in der man sich darauf konzentrierte, das Tagesgeschäft zu managen und gelegentlich ein paar Effizienzmaßnahmen für organisches Wachstum einzustreuen. Auf dem Arbeitsmarkt drehte sich alles um Spezialisierung. Man durchlief eine Ausbildung und verbrachte oft die gesamte Karriere im selben Fachbereich.
Seitdem hat der Bankensektor einen bemerkenswerten Wandel durchlaufen, geprägt durch Marktereignisse und nachfolgende regulatorische Anpassungen, neue Technologien, geopolitische Entwicklungen und nicht zuletzt Veränderungen im Verbraucherverhalten. Manche dieser Veränderungen wurden zur disruptiven Kraft, bis hin zur Zerstörung ganzer Märkte.
Das Wachstum und der Fortbestand eines Unternehmens hängen davon ab, wie Wandel antizipiert und bewältigt wird. Der traditionelle Karriereweg mit gleichbleibendem Jobprofil innerhalb eines Unternehmens ist ein Relikt der Vergangenheit.
Skill Nr. 1 in der modernen Geschäftswelt ist daher Change- und Projektmanagement.
Im vergangenen Jahrhundert konzentrierten sich Unternehmen vorwiegend auf die Optimierung ihrer Betriebsabläufe („Run-the-bank“) mit dem Ziel der Produktivitätssteigerung. Man legte den Schwerpunkt darauf, Kosten zu senken, Prozesse zu straffen und manuelle Behelfslösungen abzuschaffen. So mancher erinnert sich vielleicht noch an die alljährlichen 10%igen Kostensenkungsrunden kurz vor der Finanzkrise. Solche Maßnahmen haben jedoch ihre Grenzen und können Unternehmen nur eine Zeitlang tragen.
Heutzutage sind alle Unternehmen radikalen Veränderungen ausgesetzt, zum Beispiel durch neue Richtlinien zur Eigenmittelausstattung, Finanzkriminalität usw., oder durch neue Technologien wie Blockchain oder KI. Auf allen Unternehmensebenen gilt es, diese Veränderungen zu überwachen und zu bewerten, Neuentwicklungen frühzeitig zu erkennen und entsprechende Anpassungen vorzunehmen. Wer nicht aufpasst, riskiert, dass das eigene Geschäftsmodell vom Markt verdrängt oder einfach eliminiert wird.
Im letzten Jahrhundert war „Run-the-bank“ eine Daueraufgabe und man musste sich nur temporär um Veränderungen kümmern. Heute befindet man sich dauerhaft im Wandel, mit temporären „Run-the-bank“-Prozessen bis zur nächsten Veränderung.
Mit dem Fokuswechsel von Effizienz- zu Change-Management haben sich auch die Karriereprofile verändert. Schaut man sich Lebensläufe aus den frühen 90er Jahren an, findet man häufig Mitarbeitende, die 20 Jahre und länger für dasselbe Unternehmen in derselben Abteilung oder auf demselben Fachgebiet tätig waren. Mit der wachsenden Zahl an Fusionen in den späten 90er und frühen 2000er Jahren veränderte sich das Bild: Immer mehr Menschen wechselten alle paar Jahr die Firma, blieb aber ihrer Spezialisierung treu. In den letzten zehn Jahren sind mir jedoch vermehrt Lebensläufe unter die Augen gekommen, in denen sich Menschen – gezwungenermaßen oder bewusst – dafür entschieden haben, zwischen Positionen in „Run-the-bank“ und „Change-the-bank“ zu wechseln, ebenso zwischen verschiedenen Abteilungen und Fachgebieten.
Wechsel dieser Art erfordern Beweglichkeit, Anpassungsfähigkeit und die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen. Die Vergangenheit ist kein guter Prädiktor mehr für die Zukunft; Arbeitnehmer wie Unternehmer müssen ihr Umfeld ständig neu bewerten.
Trotz der Erkenntnis, dass Veränderung zur neuen Norm geworden ist und auch in Zukunft bleiben wird, hat sich gezeigt, dass Projekte häufig mangelhaft gemanagt werden. Gleichzeitig verbringen viele Manager und Führungskräfte einen beträchtlichen Teil ihrer Zeit mit projektbezogenen Aufgaben, ohne über ein grundlegendes Verständnis für Projektmanagement zu verfügen.
Manchen Untersuchungen zufolge scheitern derzeit 35 % aller Projekte, ohne den versprochenen Nutzen zu bringen. Wir alle sollten uns um eine Welt bemühen, in der Projekte mehrheitlich erfolgreich und mit einer guten Wertschöpfungstiefe abgeschlossen werden. Um zu besseren Ergebnissen zu gelangen, sind grundlegende Veränderungen nötig. Der wichtigste Faktor ist und bleibt jedoch der Mensch.
Menschen müssen an ihren Fähigkeiten arbeiten, um Projekte führen zu können. Mitarbeitende müssen darin geschult werden, wie man Projekte erfolgreich definiert und leitet; denn das Projektgeschäft bildet die neue Norm für Wertschöpfung oder auch einfach das geschäftliche Überleben.