Mit SPACs (Special Purpose Acquisition Companies) hat eine Art des Börsenganges den deutschen Aktienmarkt betreten, die man gerade in Zeiten einer Pandemie nicht vermutet hätte. SPACs– leere Hüllen bzw. Mantelgesellschaften oder Firmen ohne eigenes operatives Geschäft – sind hierzulande noch nicht mit Vollgas unterwegs. Mit gerade mal vier Börsengängen in 2021 bestätigt es sich, dass Deutschland nicht sehr aktien- oder risikoaffin ist. Es fehlt auch an Routine im Umgang mit Investments dieser Art. Im Gegensatz hierzu sind SPACs in den USA mit circa 50 Prozent aller Börsengänge in 2020 im dortigen Aktienmarkt fest verankert, auch wenn die Anzahl im 2. Quartal rückläufig war und kritische Stimmen vor einer Sättigung des SPAC-Marktes warnen.
Zwar finden europäische Investoren SPACs attraktiv, jedoch haben sich das Konzept und die Vorgehensweise noch nicht durchsetzen können. Während bei klassischen Börsengängen „wirkliche“ Unternehmen gehandelt werden, sind SPACs zunächst Kapitalsammelstellen. Dahinter verbirgt sich oft ein bekannter Investor, der in einer bestimmten Branche oder einem bestimmten Markt in Erscheinung treten möchte – allerdings mit einem Unternehmen, das es (noch) nicht gibt. Potenzielle Anleger entscheiden sich demnach nicht für ein bekanntes Geschäftsmodell, sondern investieren in die Idee, Pläne und das Geschick von Investoren, dies erfolgreich umzusetzen. Immerhin haben sie die Möglichkeit, aus der Transaktion auszusteigen, wenn ihnen das Geschäft unsicher oder nicht erfolgsversprechend scheint.
SPACs kann man als „Turbomaschine für Börsengänge“ beschreiben. Während der klassische Weg etwa ein Jahr in Anspruch nimmt, wird der Prozess bei SPACs auf rund drei Monate verkürzt. Anleger brauchen Informationen über die Gründer und sie müssen festlegen, in welchen Bereich sie investieren wollen. Umso bedeutsamer ist das Know-how und das Netzwerk der Initiatoren, das sie befähigt, das richtige Zielobjekt zu finden. Genau darauf vertrauen die Investoren.
Damit ist der Umgang mit SPACs immer spekulativ und auch risikoreich. Das merken Banken und Investmentgesellschaften nicht so sehr wie Kleinanleger, die sich über SPACs an Private Equity und Venture Capital Strategien beteiligen können. Dieses Vorgehen ist traditionell institutionellen Anlegern vorbehalten. Dennoch ist Vorsicht geboten: Anders als beispielsweise bei der Siemens-Aktie kauft man eine Katze im Sack, beziehungsweise ist es vollkommen unklar, ob in dem Sack überhaupt eine Katze ist, d.h. in welches Unternehmen man investiert. Zudem sind SPACs durch die fehlende Kontrolle durch die Aufsicht, die „normale“ Börsengänge durchlaufen müssen, potenziell anfälliger für Betrug.
Dennoch können SPACs viel mehr als man ihnen gemeinhin zutraut: Sie können ein Vehikel für Mittelstandsfinanzierungen sein, sie können für Startups eine Alternative zu Venture Capital sein, sie können im zweistelligen Millionenbereich funktionieren und sie sind kompatibel mit deutschen Strukturen. Hierbei stellen sich jedoch eine Reihe von rechtlichen Fragen. So steht im Raum, ob das deutsche Gesellschaftsrecht nicht zu SPAC-feindlich ausgestaltet ist und es kurzfristig einer Reform bedarf, um im Wettbewerb bestehen zu können. Hinzu kommt, dass insbesondere für die Thematik Unternehmensnachfolge im Mittelstand deutsche Strukturen möglicherweise mehr Sicherheit schaffen.
SPACs sind im aktuellen Niedrigzinsumfeld und angesichts eines sehr aktiven M&A-Marktes eine interessante Option sowohl für Börsenaspiranten wie auch für Unternehmensverkäufe. Noch ist offen, wie sie zu einer etablierten Finanzierungsoption neben anderen alternativen Instrumenten, wie etwa Private Equity, Private Debt, Mittelstandsanleihen oder synthetischen Strukturen, werden können.
Die Frage ist, ob der deutsche Aktienmarkt mit seinen eher reservierten Anlageverhalten für SPACs geeignet ist. Es kann also sein, dass die deutschen Anleger weiterhin skeptisch bleiben. Auf der anderen Seite fehlt es derzeit an attraktiven Anlageobjekten. Schauen wir mal!