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Der Zahlungsverkehr als Top-Thema der Bankwirtschaft und im Handelsgeschäft
Weiterbildung / 9. August 2022
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Wolfram Döring ist seit 1996 für die Frankfurt School als Dozent und Autor tätig. Seine Schwerpunkte liegen dabei u.a. auf dem Firmenkundenkreditgeschäft und dem Zahlungsverkehr. In seiner beruflichen Laufbahn betreute er Banken, Finanzdienstleister und Family Offices. Er kennt die Sichtweise eines Kreditinstitutes von innen und von außen (Unternehmensberatung). Seit 2012 setzt er sich intensiv mit der Digitalisierung und den Auswirkungen auf insbesondere diese beiden Geschäftsbereiche auseinander.

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Nach vielen guten wirtschaftlichen Jahren und wenig Risiken hat sich die Welt im Außenhandel spätestens seit 2022 signifikant verändert. Diversifikation ist gefragt. Geschäfte in unsicheren Zeiten – sei es mit neuen Abnehmern oder Lieferanten oder bestehenden Geschäftsbeziehungen – verlangen nach zunehmender Absicherung. Im Vordergrund stehen:

  • das Abnahme- und Bonitätsrisiko des Exporteurs
  • das Zahlungsrisiko des Importeurs
  • das politische Risiko des Import- und Exportlandes
  • gegebenenfalls die Währung

Klassisches Instrument für die Absicherung im internationalen Geschäft ist das Akkreditiv. Vereinfacht gesagt erfolgt die Zahlung aus dem Handelsgeschäft dann, wenn die vereinbarten (und vom Importeur vorher geforderten) Dokumente vollständig, fehlerfrei und rechtzeitig/fristgerecht der Importeurbank vorgelegt werden. Im Fall der Absicherung von Bonitäts- und politischen Risiken bei der Importeur(bank) wird das Akkreditiv bestätigt.

Transportproblematik schlägt auf Zahlungsabsicherung durch

Steigende Nahrungsmittelpreise, Zinsen und zunehmende Inflation haben erhebliche Auswirkungen auf viele Staatshaushalte, gerade in Entwicklungs- und Schwellenländern. Dies hat meist nachlassende Bonitätseinschätzungen zur Folge. Probleme in Liefer- und Transportketten erschweren eine pünktliche Fertigstellung bzw. eine pünktliche Verladung oder eine fristgerechte Ankunft. Aus Sicht des Importeurs bzw. seiner Bank werden dann nicht alle Dokumente fristgerecht vorgelegt, zum Beispiel das Konnossement für die Verladung der Ware, wenn das Schiff vorher „feststeckte“. Dies ermöglicht es der Importeurbank in Absprache mit dem Importeur, die Ware nicht mehr abzunehmen und die Zahlung zu verweigern. Damit schlägt die Transportproblematik auch auf die Zahlungsabsicherung durch. Um dies weiter abzusichern, werden Akkreditive komplexer und in der Laufzeit länger, was letztlich meist vom Importeur nicht gewollt ist.

Banken der Exporteure profitieren hiervon in doppeltem Maße. Einerseits benötigen die Kunden verstärkt Beratung in diesen Themen, andererseits wird die Bestätigung von Akkreditiven durch Exporteure bzw. die Eröffnung durch Importeure verstärkt nachgefragt. Gleichzeitig stehen Exporteur- und Importeurbank vor dem Problem, Zahlungen sicher weiterzuleiten. Die letzten Jahre wurde das Korrespondenzbankensystem bei allen Kreditinstituten vor allem vor dem Know Your Customers‘ Customer (KYCC)-Hintergrund signifikant ausgedünnt. Zahlungswege wurden konzentriert.

Fehlende Digitalisierung im dokumentären Zahlungsverkehr

Während wesentliche Teile der Bankprozesse – insbesondere der Zahlungsverkehr – schon heute sehr stark digitalisiert sind, trifft dies beim dokumentären Zahlungsverkehr, bei dem Akkreditiv und Inkasso eine zentrale Rolle einnehmen, nicht zu. In der Praxis erfolgt die Bearbeitung um das Akkreditiv noch sehr papierhaft. Nahezu bzw. alle von der Importeurbank geforderten Dokumente sind in Papierform vorzulegen. Aus Sicht der Unternehmen und Logistiker ist dies aufwändig und unpraktisch. Digitalisierungs-Bestrebungen, die insbesondere aus der Logistikbranche entstammen, stecken noch in den Kinderschuhen. Gründe sind einerseits fehlende einheitliche Standards, andererseits das Bedürfnis von Banken, die Dokumente papierhaft zu bearbeiten. Kryptobasierte Transaktionen ermöglichen einen Tausch von digitalen Unterlagen, wenn beide Parteien zugestimmt haben. Damit ist eine volle Digitalisierung der Geschäftsprozesse in Banken und Unternehmen denkbar.

Vor dem Hintergrund hoher Volatilitäten der Kryptowerte sowie erster Insolvenzen von Kryptoverwahrstellen und -marktplätzen stellen sich Fragen nach den damit verbundenen Risiken, deren Einbindung in Geschäftsprozesse sowie die Regulierung bei Spekulation und Verwahrung.

Neue Techniken erhöhen den Managementaufwand für Banken – Know how ist gefragt!

Für Banken ist dies Chance und Risiko zugleich. Sie sind Regulierung „gewohnt“ und können dadurch in einem für sie attraktiven Geschäftsfeld die Erträge steigern. Zudem forcieren sie das „papierhafte“ Geschäft und es besteht die Gefahr, dass FinTechs und Spediteure hier Geschäftsprozesse und Unterlagen digitalisieren. Banken werden dadurch schnell austauschbar, Erträge sinken. Für Unternehmen bedeutet der Anstieg des Akkreditivgeschäfts zunächst mehr Kosten (und Papier), aber auch eine bessere Absicherung. Insofern werden sie gerne auf Angebote von großen Spediteuren oder FinTechs zurückkommen, Unterlagen zu digitalisieren. Gerade in der Industrie sind Geschäftsprozesse meist schon stark digitalisiert. Ist diese Entwicklung allen Playern so bewusst?

Fazit: Unternehmen wollen ihre Risiken, Zahlungs-, Abnahme- und Adressenausfallrisiken absichern. Banken bieten die hierfür erforderliche Infrastruktur. Lieferketten- und vor allem Transportausfälle bergen deutliche Risiken, kombiniert mit einem erheblich verschärften Sanktionsregime. All dies müssen Banken managen. Gleichzeitig sind sie mit neuen Techniken konfrontiert, unter anderem dem Kryptoeinsatz. Der Zahlungsverkehr – nichtdokumentär wie dokumentär – hat sich zu einem Top-Thema der Bankwirtschaft und des Handels entwickelt. Wichtig für Unternehmen aus Industrie und der Finanzbranche sind daher regelmäßige Wissens-Updates zu aktuellen Entwicklungen und Zukunftstrends.

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