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Die Grundrente: Soziale Notwendigkeit oder soziale Belastung?
Weiterbildung / 29. Januar 2020
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Senior Programm Manager Executive Education
Thomas Kohrs leitet den Bereich Asset & Wealth Management der Executive Education an der Frankfurt School. Er ist ausgebildeter Diplom-Bankbetriebswirt, der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt in den Gebieten Wertpapier und Vertrieb. Er verfügt seit mehr als 25 Jahren über praktische Erfahrung als Berater, Trainer und Dozent an der Frankfurt School.

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Seit dem Gesetzgebungsverfahren im November 2019 ist es ruhiger um das Thema Grundrente geworden. Fakt ist aber: Die Ergebnisse haben Folgen für die nachfolgenden Generationen. Geplant ist, dass die Grundrente an Versicherte ausgezahlt wird, die 35 Jahre Pflichtbeiträge gezahlt, Kinder erzogen oder Angehörige gepflegt haben und deren Beitragsleistung zwischen 30 und 80 Prozent des Durchschnittsverdienstes lag. Besonders niedrige Verdienste (unter 30 Prozent des Durchschnittseinkommens), wie zum Beispiel aus einem Minijob, werden bei der Berechnung nicht berücksichtigt, was meines Erachtens aus sozialen Gründen bedauerlich ist.

Sinnvolles Sparen und Bewusstsein für Geld und Ausgaben schaffen

Die Fakten: Seit Jahrzehnten werden in Deutschland zu wenige Kinder geboren, die Bevölkerung jedoch wird aufgrund verbesserter Lebensstandards und gesundheitlicher Faktoren immer älter. Demografischer Wandel bedeutet also: Immer mehr ältere Menschen werden im Umlageverfahren der Rentenversicherung durch gegenwärtigen Arbeitnehmer finanziert. War es früher in der graphischen Darstellung eher eine Pyramide (viele junge Menschen, weniger ältere) wird diese Pyramide nun nach unten hin immer schlanker, die Basis wird kleiner und kehrt sich graphisch faktisch um: Unten schlank, oben breit. Man muss auch kein Finanzmathematiker sein, um zu erkennen, dass ein solches Szenario auf lange Sicht nicht gutgehen kann. Es gibt aber eigentlich nicht viele Möglichkeiten. Möchte man die Rentenversicherung auf eine gesunde Basis stellen, könnte man die Renten senken, die Beitragssätze erhöhen oder das Rentenalter nach hinten verlagern. Am besten alles auf einmal. All dies sind Dinge, die die verantwortlichen Politiker nicht gerne anpacken, weil es unpopuläre Maßnahmen sind, die im Ergebnis Wählerstimmen kosten. Vor allem die Wählerstimmen der älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger, die derzeit von der Rentenversicherung profitieren. Machen wir uns aber nichts vor, die primären Leistungen aus der Rentenversicherung reichen schon seit vielen Jahren nicht mehr aus, um die Kosten zu decken. Vielmehr steigt der Bundeszuschuss seit Jahren kontinuierlich an und betrug im Jahr 2018 75,9 Mrd. Euro (Rentenatlas 2018 der Deutschen Rentenversicherung). Das ist das Geld, was nicht von Beitragszahlern an die Rentnerinnen und Rentner im Umlageverfahren übertragen wird, sondern vielmehr Geld aus dem allgemeinen Steuertopf des Bundes, im Wesentlichen Lohn- und Einkommensteuer sowie die Mehrwertsteuer. Das ist sozial gewollt, aber eigentlich eine Katastrophe, weil es im Prinzip etwas verschleiert. Soll es wieder mehr Beitragszahler geben und sich das Vermögen der Rentenkasse aus mehr Quellen speisen, sollten auch Selbstständige und Beamte hier einbezogen werden, selbst wenn sich dadurch die Ausgaben erhöhen. Vor allem aber müssen die heute Anfang 20-Jährigen nachdrücklich dafür sensibilisiert werden, dass eine eigenständige und private Altersvorsorge absolute Pflicht ist. Dazu gehört die Erkenntnis, rechtzeitig mit sinnvollem Sparen zu beginnen und ein Bewusstsein für Geld und Ausgaben herzustellen. Rentierliche Geldanlagen und Produktivvermögen, einfach geförderte Gelder ohne bürokratische Hemmnisse und überregulierte Konstruktionen. Die Riester- und Rüruprente sind hier leider nicht immer gute Beispiele.

Finance for Future statt Grundrente

Vorbild für eine vernünftige Altersvorsorge könnte zum Beispiel das Fünfte Vermögensbildungsgesetz (5.VermBG) von 1990 sein, was in diesem Jahr – bisher leider völlig unbeachtet – 30-jähriges Jubiläum feiert. Vor allem für junge Leute ist es interessant, wenn sie jährlich bis zu 470,– Euro sparen und staatlich gefördert bekommen. Die Tatsache, dass in der letzten Zeit weitere Varianten wie die Mütter- oder die Grundrente dazugekommen sind, hilft der jetzt jungen Generation nicht wirklich weiter, es verschlimmert die Lage eigentlich. Es wird Geld ausgegeben, das erst in der Zukunft erwirtschaftet und dann der Gesellschaft schmerzlich bei anderen wichtigen und sinnvollen Belangen fehlen wird. Das Engagement für Fridays for Future ist notwendig und ehrenwert, aber Finance for Future wäre es auch.

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