Die EU möchte bis 2050 klimaneutral sein. Allerdings resultieren allein in Deutschland 30 Prozent der Treibhausgasemissionen von Gebäuden. Dies ist Grund genug, um die Immobilienbranche und Green Buildings genauer zu betrachten. Es gibt zwar noch keine allgemeingültige Definition von grünen Gebäuden, doch sicher ist: Nachhaltigkeit oder Klimaverträglichkeit werden in der Immobilienbranche zum bestimmenden Faktor.
Um die EU-Klimaziele zu unterstützen, werden verschiedene Zertifikate vergeben, die vor allem Energieeffizienz und Nachhaltigkeit von Ressourcen und Baustoffen testieren sollen. Aussagekraft und internationale Vergleichbarkeit sind dabei noch verschwommen. Die zentralen Kriterien für grüne Gebäude festzulegen, ist daher essenziell und kein leichtes Unterfangen. Denn Käufer von Immobilien, privat oder gewerblich, legen verstärkt Wert auf den Ausweis von Nachhaltigkeit. Hier ist die Nachfrage höher als die Aussagekraft von Nachhaltigkeitszertifikaten.
Eine aktuelle Studie der Deutschen Hypo definiert grüne oder nachhaltige Immobilien als Gebäude, „die sich durch eine Ressourceneffizienz in den Bereichen Energie, Wasser und Material auszeichnen und somit ihre schädliche Auswirkung auf Gesundheit und Umwelt reduzieren.“ Der Ausweis der Nachhaltigkeit soll dabei Neubau- und Bestandsimmobilien umfassen und den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie beinhalten können – vom Baumaterial, über den Betrieb bis zur Wiederverwendbarkeit nach dem Abbruch des Gebäudes.
Obwohl die als Green Buildings zertifizierten Immobilien in 2020 rückläufig waren (8,4 Mrd. Euro im Vergleich zu 11,6 Mrd. Euro im Rekordjahr 2019), bleibt der Aufwärtstrend ungebrochen. Grund hierfür mag sein, dass zum Beispiel in A-Städten (Frankfurt vor Hamburg und Berlin) Mieter und Investoren verstärkt auf Green Labels achten.
Der Rückgang mag darin begründet sein, dass pandemiebedingt Bauinvestitionen im gewerblichen Bereich zum Teil stark rückläufig sind. Der Studie der Deutschen Hypo zufolge sind es vor allem Bürogebäude, gefolgt von Logistikimmobilien und Hotelimmobilien, in die grüne Anlageprodukte fließen. Möglich ist, dass nicht-grüne Immobilien in Zukunft in der Bewertung herabgestuft werden.
Neben den Klimazielen ist die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und nachhaltiger Projektfinanzierung ein wichtiger Treiber. Ob institutionelle Investoren, Staatsfonds oder Versicherungen – der Anteil an grünen Immobilien im jeweiligen Portfolio steigt. Das grüne Angebot gilt als Megatrend und entwickelt sich mit hoher Dynamik. Um die Dynamik zu managen, haben Finanzdienstleister, die nachhaltige Produkte emittieren, vor allem die Energieeffizienz im Blick. Neue errichtete Gebäude haben hier deutlich höhere Standards als ältere. Bei Bestandsimmobilien steht die energieeffiziente Sanierung im Vordergrund. Zentrale Bedeutung hat die regelmäßige Überprüfung des Portfolios und die Transparenz gegenüber Investoren, damit Grün auch wirklich Grün bleibt und die Grenzen zu herkömmlichen Gebäuden oder Fonds klarer gezogen werden können.
Neben Bonds haben Banken Interesse an „Green Loans“ – grünen Immobilienkrediten –, da sie gehalten sind, Umwelt-, Klima- und soziale Risiken bei der Kreditvergabe zu bewerten. Auch hier wird sich viel bewegen, wenn die Bewertungskriterien festgelegt werden müssen, was bei der Vielfalt von Immobilien und der Komplexität der Märkte und Entwicklungen kein einfaches Unterfangen wird. Um Risiken zu minimieren, werden Kreditnehmer:innen ebenfalls grüne Immobilen präfieren.
Der starke Trend birgt viele Chancen und ebenso große Herausforderungen in der Immobilienbewertung- und finanzierung. „Grün“ muss definiert und mit klaren Kriterien belegt werden. Handlungsdruck und Nutzen für alle Beteiligten – Bauherren, Finanzierer, Investoren und vor allen Dingen die Gesellschaft – sind gleichermaßen hoch.