…So wie bei mir.
Ich bin begeisterter Motorradfahrer, besitze handwerkliches Geschick und kann eine Stunde reden, gerne auch ohne Inhalt.
Leider sind das Eigenschaften die mir in der Schule nicht wirklich weiterhalfen. Ich war ein eher durchschnittlicher Schüler und habe mich durch meine Schulzeit irgendwie durchgeschlängelt – egal, ich wollte ja eh später zur Bundeswehr. Mein Abi habe ich am Ende auch noch irgendwie bestanden.
An die Zeit bei der Bundeswehr erinnere ich mich gerne zurück, sie fiel aber kürzer aus als ursprünglich geplant. Um mir erstmal einen Einblick in die „Truppe“ zu verschaffen kam mir die damals noch bestehende Wehrpflicht gerade recht. 9 Monate Grundwehrdienst später war klar: schöne Zeit aber nicht meine Zukunft. Ich habe noch 3 Monate freiwillig verlängert und schrieb mich für das Wintersemester an der Uni ein. Mein Wunschfach: Wirtschaftsingenieurwesen.
Eine Kleinigkeit kam mir dafür leider dazwischen. Sie nannte sich „Numerus Clausus“ und vertrug sich mit meinem Abi-Schnitt leider so gar nicht.
Für eine Ausbildung war es jetzt ein Wenig spät und wirkliche Begeisterung entfachte bei mir keine der vielen Jobbeschreibungen für die verschiedensten Ausbildungsberufe. Ich beschloss, mich erst einmal für Maschinenbau einzuschreiben. In höheren Semestern könnte ich ja dann immer noch zu meinem Wunschfach wechseln.
Gleichzeitig zog ich mit meiner Freundin zusammen. Unsere erste gemeinsame Wohnung – einfach genial. Allerdings erhöhten die neuen Lebensumstände meine monatlichen Ausgaben doch dramatisch und so suchte ich mir einen Nebenjob. Erst trug ich Pizza aus, dann räumte ich Regale ein und schließlich wurde ich Kassierer.
Zu dieser Zeit konzentrierte ich mich stets auf das Wesentliche: statt morgens zu den Vorlesungen zu gehen räumte ich Regale ein, statt abends für die Uni zu lernen trug ich Pizza aus oder traf mich mit Freunden und in Klausurphasen glänzte mein Ofen als hätte ich ihn erst kürzlich neu erworben.
So gingen die ersten Semester ins Land und die Liste nicht bestandener Fächer wurde länger. Es ging mir richtig schlecht. Die Nächte waren unruhig, die Treffen mit meinen Kommilitonen glichen einer Folter – schließlich fanden sie die Motivation ihr Studium durchzuziehen die mir fehlte.
Es musste sich etwas ändern und zum ersten Mal kam die Frage auf: will ich das eigentlich wirklich?
Für das Studium brauchte ich noch 20 Wochen Praktikum – eine gute Gelegenheit um die Frage für mich zu beantworten. Ich fand eine tolle Stelle in einem Werk welches Dampf- und Gasturbinen herstellte und die Wochen vergingen wie im Flug.
Ich hatte neuen Mut geschöpft – war hoch motiviert nun endlich mein Studium ernst zu nehmen und meine Prioritäten neu zu sortieren…
2 Semester später fand ich mich im alten Trott wieder. Ein paar Fächer konnte ich nachholen aber alles in allem war ein Ende des Studiums noch in weiter Ferne.
Was will ich mit meinem Leben anfangen – eine Frage, auf die ich in meinem Leben schon öfter getroffen bin und die auch Personaler gerne bei Einstellungsgesprächen stellen, im Sinne von „Wo sehen Sie sich in 5 Jahren?“.
Meine Überlegung: wenn ich einen Ausbildungsplatz finde breche ich mein Studium ab, wenn nicht ziehe ich es bis zum bitteren Ende durch.
Ich erhielt die Chance „die Kurve zu kriegen“. Ich fand eine Ausbildung zum Bankkaufmann und brach mein Studium ab.
Die beste Entscheidung meines Lebens. Die Ausbildung erfüllte alles was mir im Studium fehlte. Sie war praxisnah, klar strukturiert und dank toller Ausbilder und Kollegen fand ich dennoch Freiräume und durfte von Beginn an Kunden selbst beraten. Ich wurde gefordert, gefördert und war hoch motiviert.
Später war ich Jahrgangsbester und hatte die Ausbildung noch um 6 Monate verkürzt.
Was mir zuvor nie so richtig bewusst war: eine abgeschlossene Ausbildung ist nicht bloß ein Weg in eine bestimmte Richtung – sie öffnet Türen für viele verschiedene Wege.
Während meiner Zeit an der Uni und auch während meiner Ausbildung lernte ich einen Beruf kennen, mit dem ich zunächst gar nicht wirklich etwas anfangen konnte – Dozent… Menschen, die quer durchs Land reisen und abends nicht wissen wo sie morgens aufwachen. Ein Job, den ich mir beim besten Willen nicht hätte vorstellen können.
2 Jahre später sah die Sache ganz anders aus. Ich entschied mich gegen einen Platz in der Bank und begann nach der Ausbildung ein Trainee-Programm zum Junior Dozenten bei der Frankfurt School, machte meinen Ausbilderschein und nahm am „Train The Trainer“ Lehrgang teil.
Die Tage mit Azubis und anderen Teilnehmern gestalten diesen Job abwechslungsreich und herausfordernd. Ich bereite mich auf Lern- und Projektaufträge vor und gestalte eigene Seminare.
Heute falle ich abends erschöpft und glücklich in mein Bett. Meist in mein eigenes – und an den anderen Abenden genieße ich es neue Städte zu entdecken, neue Menschen kennenzulernen und jede Menge toller Erfahrungen zu sammeln.
Was mir beim Motorradfahren die größte Freude bereitet sind Serpentinen – warum sollte es im Leben nicht auch so funktionieren. Den Mut haben eigene Entscheidungen zu treffen und seinen Weg zu gehen – es hat mich zu einem Ort geführt, von dem aus ich eine tolle Aussicht genieße…