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If you want to help them, teach them how to fish
Bachelor / 8. April 2016
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BSc Business Administration Class of 2017
Lucas has started studying Business Administration (B.Sc.) in 2013 and will graduate in 2017.

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Dieudonné ist gerade erst 9 Jahre alt, aber er erklärt schon seinen Klassenkameraden, wie er begonnen hat, Geld für den Kauf der Schulbücher für das kommende Schuljahr zu sparen, indem er die Eier seiner Henne jeden Samstag auf dem lokalen Markt verkauft. Ich bin in Kinigi, im Norden des kleinen ostafrikanischen Landes Ruanda, und stehe auf einem staubigen Schulhof, umgeben von mehreren hundert Kindern. Alles sind gespannt und neugierig, was auch daran liegt, dass viele noch nie einen „Weißen“ zuvor gesehen habe, weswegen sie mich fasziniert beobachten und gleichzeitig dem Vortrag meines Kollegen Vumi lauschen. Über uns ragen die Gipfel der Virunga-Vulkankette auf, und wir befinden uns mitten in einer „Financial Education Session“ der Sparkassenstiftung für internationale Kooperation

IMG-20160323-WA0023Auf der Suche nach einem Auslandspraktikum,  wurde ich auf die Sparkassenstiftung für internationale Kooperation aufmerksam. Die Sparkassenstiftung ist in einer Vielzahl von Entwicklungs- und Transformationsländern tätig und unterstützt dortige Finanzinstitutionen bei der Stärkung lokaler und regionaler Wirtschaftsstrukturen. Die Idee, einen Einblick in das Thema Entwicklungszusammenarbeit zu gewinnen und gleichzeitig ein neues Land kennenzulernen gefiel mir sehr gut. Auf meine Bewerbung bekam ich schnell Rückantwort mit der Frage, ob ich mir einen Einsatz in Ostafrika, genauer gesagt Ruanda, vorstellen könne. Für mich war sofort klar, dass ich diese Chance nutzen wollte. Nach erfolgreicher Teilnahme an einem Assessment Center bekam ich die Zusage.

Als Junior-Consultant der Stiftung war es meine Aufgabe, das Team vor Ort bei der Erreichung des Projektzieles zu unterstützen, den Mikrofinanzsektor in Ruanda nachhaltig zu stärken.

Ich half der Stiftung bei verschiedenen Projekten. Eines der Projektziele ist, eine duale Ausbildung im Bankbereich einzuführen. Erste Ausbildungspilotklassen sollen im Herbst 2016 beginnen. Um das Konzept vorzustellen, fertigte ich Präsentationen für verschiedene Sitzungen an. Zwei je einwöchige Workshops für die Personalentwickler der dortigen Mikrofinanzinstitute bereitete ich mit vor und erstellte Unterrichtsmaterialien für die Ausbildung der künftigen betrieblichen Ausbilder. Da ein weiterer wichtiger Bestandteil der Stiftungsarbeit das Thema finanzielle Inklusion ist, besuchte ich selbst in mehreren Field Trips Schulen und Mikrofinanzinstitute in ganz Ruanda, um über finanzielle Bildung zu informieren. Eines der spannendsten Projekte für mich war, an der Erstellung einer Machbarkeitsstudie für ein mögliches Gründerzentrum in Ruanda mitzuwirken. Dafür besuchte ich eine bereits bestehende Einrichtung, wo ich mich unter anderem über das Thema „Social Entrepreneurship“ informierte. Bei all meinen Tätigkeiten konnte ich auf Konzepte aus meinen Veranstaltungen an der Frankfurt School zurückgreifen. Während meiner Zeit als Junior Consultant konnte ich das Team vor Ort bei der erfolgreichen Umsetzung der Projektziele unterstützen und somit einen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung Ruandas leisten.
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Das markanteste Ereignis der jĂĽngeren Geschichte, der Genozid 1994, hat dafĂĽr gesorgt, dass Ruanda traurige BerĂĽhmtheit weit ĂĽber Afrika hinaus erlangte. An mehr als 200 Orten im ganzen Land erinnern Denkmäler und Ausstellungen an diese Tragödie. Ein Besuch lohnt sich definitiv – auch wenn die Darstellungsweisen sehr brutal und eindringlich sind. Die Themen Flucht, Mord und Vertreibung sind immer noch präsent in den Köpfen vieler Ruander. So unterschiedlich die Schicksale sind, so unterschiedlich ist auch der Umgang hiermit. Alle Aktivitäten sollten deshalb auch immer im Kontext der Geschichte gesehen werden. Generell sollte dieses Thema nur angesprochen werden, sofern dies vom Gesprächspartner selbst thematisiert wird. Des Weiteren sollten Fragen zur Herkunft oder Familie immer sensibel gestellt werden, da man nie weiĂź, ob Verwandte vom Genozid betroffen waren. Generell sind die Ruander sehr  freundlich und offen. Viele sind sehr neugierig und wollen wissen, wo man herkommt und was man macht. Einer der groĂźen VorzĂĽge im Vergleich zu anderen afrikanischen Staaten besteht in der guten Sicherheitslage. Dies erlaubt es, sich zu jeder Zeit ĂĽberall frei bewegen zu können und erleichtert den Kontakt zur einheimischen Bevölkerung. Die geringe Größe Ruandas im Vergleich zu den Nachbarländern (nur etwa so groĂź wie Brandenburg) macht es möglich, in relativ kurzer Zeit einen Eindruck vom Land zu bekommen. Mit seiner abwechslungsreichen Landschaft (u.a. Vulkane, Bergregenwald und Nationalparks) und Vegetation bietet Ruanda viele Möglichkeiten fĂĽr AusflĂĽge und Erkundungen.

Rückblickend empfinde ich die Zeit in Ruanda als sehr bereichernd. Neben vielfältigen Einblicken in das Innenleben einer NGO erfuhr ich viel über Ziele und Vorgehensweise deutscher Entwicklungszusammenarbeit. Darüber hinaus hatte ich Gelegenheit, wertvolle neue Erfahrungen zu sammeln und durch den Aufenthalt in Ruanda meinen Horizont im Hinblick auf interkulturelle Kompetenzen zu erweitern. Der Kontakt mit einem anderen Kulturkreis, der in Europa wenig thematisiert wird, hilft, Klischees und Vorurteile zu überwinden. Gerade effektive Entwicklungshilfe wird in der jetzigen Flüchtlingsdiskussion gerne als eine Maßnahme vorgebracht, um die Ursachen der Flucht zu bekämpfen und den Menschen in ihren Heimatländern eine lebenswürdige Perspektive zu bieten. Es geht darum, den Menschen vor Ort das nötige  „Know-How“ mit an die Hand zu geben, damit sie das Land selbst weiter entwickeln können. Ein Leitspruch ist deshalb „If you want to help them, teach them how to fish instead of buying the fish“.   Nur durch wirtschaftlichen Aufschwung können breite Teile der Bevölkerung der Armut entfliehen und sich eine nachhaltige Existenz aufbauen. Für diese wertvollen Erfahrungen in meiner Zeit als Junior Consultant möchte ich der Sparkassenstiftung und dem Team vor Ort danken.

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