Bedingt durch den Wunsch, tiefere Einblicke in komplexe prüfungsrelevante Sachverhalte zu gewinnen, setzen Prüfer:innen zunehmend auch Modelle der Künstlichen Intelligenz (KI) ein. Diese Modelle speichern Wissen, welches aus den internen und externen Daten der geprüften Organisationen gewonnen wird. Einmal erlernt, unterstützen KI-Modelle in einer Vielzahl von Prüfungshandlungen. [1],[2] Bereits heute werden KI-Modelle in der Prüfung eingesetzt, wie beispielsweise für das Audit Sampling [3], das Journal Entry Testing [4] und die Prüfung von Anhangsangaben [5].
Anhand verschiedenster Prüfsituationen erwerben Prüfer:innen im Rahmen ihrer beruflichen Laufbahn umfangreiche Expertise. Die Vielfalt an Erfahrungen ermöglicht es Fähigkeiten zu vertiefen und zu spezialisieren. Ein solches Lernen wirft die Frage auf: Wie können kumulativen Lernerfahrungen durch KI-Modelle realisiert werden?
Zugleich analysieren Prüfgesellschaften oftmals vertrauliche und personenbezogene Informationen. Die Nutzung mandatsübergreifender KI-Modelle erfordert die Einhaltung von Datenschutz-, Datensicherheits- und Vertraulichkeitsbestimmungen. Im Zielbild steht ein Lernparadigma, das es ermöglicht Wissen zu akkumulieren ohne sensitive Daten zu teilen.
Das Federated-Learning [6] ermöglicht es mehreren Entitäten, wie Prüfmandanten oder Organisationseinheiten, ein gemeinsames KI-Modell zu erlernen. Die für das kollektive Modellernen erforderlichen Daten verbleiben bei den Entitäten und werden nicht geteilt.
Das Federated-Learning unterscheidet zwischen zentralen und dezentralen KI-Modellen. Ein zentrale KI-Modell entsteht hierbei durch die Kollaboration mehrerer dezentraler Entitäten. Jede Einheit erlernt zunächst ein lokales und zugleich dezentrales KI-Modell. Nach Abschluss der verschiedenen dezentralen Lernprozesse werden die einzelnen Modelle zu einem zentralen Modell zusammengeführt. Im prüferischen Kontext wird ein Federated-Learning-Prozess anhand der nachfolgenden sechs Schritte realisiert: [7]
Die Schritte 2-5 des Prozesses werden iterativ wiederholt, um das zentrale KI-Modell kontinuierlich zu verbessern. Mit fortschreitendem Lernen umfasst das zentrale KI-Modell zunehmend die kollektive Intelligenz der teilnehmenden Entitäten. Nach Abschluss des Lernvorgangs steht das zentrale KI-Modell allen Entitäten nutzenstiftend zur Verfügung.
Abbildung: Federated-Learning eines zentralen KI-Modells in der Prüfungspraxis aus proprietären Buchhaltungsdaten verschiedener Prüfungsmandaten. [8]
Federated-Learning unterstützt das zunehmende Bestreben, KI-Modelle datenschutzkonform anhand vielfältiger Wissensquellen für zunehmend komplexere Prüfungshandlungen zu optimieren [9]. Im Rahmen einer Studie bestätigten Hoitash et al. [10], dass Modelle, die sogenannte Peer-Klienten-Daten berücksichtigen, in verbesserte Prognosen resultieren.
Demzufolge können in der internen Prüfung Revisionen Federated-Learning nutzen, um ganzheitliche KI-Modelle auf Ebene der Organisation zu erlernen, beispielsweise um Risiken zu mindern und die Qualität der Prüfung zu verbessern. Weiterhin können in der externen Prüfung Prüfgesellschaften Federated-Learning nutzen, um KI-Modelle über mehrere Sektoren hinweg zu lernen, beispielsweise um kollektive Intelligenz zu nutzen und Effizienz der Prüfung zu steigern.
KI-Modelle, die kollektives Wissen nutzen, um ihre Fähigkeiten zu verbessern, haben das Potenzial, das nächste Kapitel von KI Co-Piloten in der Prüfung zu prägen. Der Zertifikatsstudiengang Certified Audit Data Scientist nimmt diese innovativen Lernparadigmen auf und vermittelt Kenntnisse fortschrittlicher Prüfverfahren.
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Dieser Blogbeitrag stellt einen Auszug des nachfolgenden, durch den Autor gemeinsam mit Co-Autoren veröffentlichten Beitrags dar: „A Sum Greater than its Parts: Collective Artificial Intelligence in Auditing – Advancing Audit Models through Federated Learning Without Sharing Proprietary Data“, Schreyer, M., Borth, D., Flemming, T. F., und Vasarhelyi, M. A. (EXPERTSuisse, Expert Focus, April 2024, S. 180-186).
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[1] Gu, H., Schreyer, M., Moffitt, K., & Vasarhelyi, M. A. (2023). Artificial Intelligence Co-Piloted Auditing. SSRN. https://doi.org/10.2139/ssrn.4444763
[2] Eulerich, M., & Wood, D. A. (2023). A Demonstration of How ChatGPT Can be Used in the Internal Auditing Process. SSRN. https://doi.org/10.2139/ssrn.4519583
[3] Schreyer, M., Gierbl, A. S., Ruud, F., & Borth, D. (2022). Stichprobenauswahl durch die Anwendung von Künstlicher Intelligenz-Lernen repräsentativer Stichproben aus Journalbuchungen in der Prüfungspraxis. Expert Focus, (02), 10-18.
[4] Schreyer, M., Baumgartner, M., Ruud, F., & Borth, D. (2022). Künstliche Intelligenz im Internal Audit als Beitrag zur effektiven Governance-Deep-Learning-basierte Detektion von Buchungsanomalien in der Revisionspraxis. Expert Focus, (01), 39-44.
[5] Ramamurthy, R., Pielka, M., Stenzel, R., Bauckhage, C., Sifa, R., Khameneh, T. D., Warning, U., Kliem, B., & Loitz, R. (2021, August). Alibert: Improved Automated List Inspection (ALI) with BERT. In Proceedings of the 21st ACM Symposium on Document Engineering (pp. 1-4).
[6] Konečný, J., McMahan, H. B., Yu, F. X., Richtárik, P., Suresh, A. T., & Bacon, D. (2016). Federated learning: Strategies for improving communication efficiency. arXiv preprint arXiv:1610.05492.
[7] Kairouz, P., McMahan, H. B., Avent, B., Bellet, A., Bennis, M., Bhagoji, A. N., … & Zhao, S. (2021). Advances and open problems in federated learning. Foundations and Trends in Machine Learning, 14(1–2), 1-210.
[8] Schreyer, M., Sattarov, T., & Borth, D. (2022, November). Federated and privacy-preserving learning of accounting data in financial statement audits. In Proceedings of the Third ACM International Conference on AI in Finance (pp. 105-113).
[9] Seidenstein, T., Marten, K. U., Donaldson, G., Föhr, T. L., Reichelt, V., & Jakoby, L. B. (2024). Innovation in audit and assurance: A global study of disruptive technologies. Journal of Emerging Technologies in Accounting, 21(1), 129-146.
[10] Hoitash, R., Kogan, A., & Vasarhelyi, M. A. (2006). Peer-based approach for analytical procedures. Auditing: A Journal of Practice & Theory, 25(2), 53-84.