Während digitale Bezahlverfahren im Alltag längst angekommen sind, hat sich im Hintergrund ein regelrechter Umbruch vollzogen – oder steht kurz bevor. Zwischen regulatorischen Anpassungen, technologischen Quantensprüngen und strategischen Neuausrichtungen wird der Zahlungsverkehr zur Schlüsseldisziplin für Banken, Unternehmen und FinTechs.
Der Wunsch nach mehr Geschwindigkeit im Zahlungsverkehr ist nicht neu. Neu ist allerdings, dass die EU diesen Wunsch jetzt zur Pflicht macht: Echtzeitüberweisungen sollen zum neuen Standard werden – flächendeckend, rund um die Uhr und ohne gesonderten Entgeltaufschlag. Der Weg dorthin ist gepflastert mit technischen Herausforderungen, regulatorischen Anforderungen und Fragen der Marktakzeptanz.
Wenn mehr Instant Payment genutzt wird, erhöht das die strategische Autonomie des europäischen Wirtschafts- und Finanzsektors, so der Gedanke der EU. Dies – und jetzt wird es spannend – macht den Weg frei für neue innovative Zahlungsverkehrslösungen außerhalb der Angebote der übermächtigen nicht-europäischen Zahlungsdienstanbieter, birgt jedoch auch entsprechende Risiken, die es bestmöglich zu mitigieren gilt.
Mit der Einführung von ISO 20022 – ein weltweit anerkannter Standard für den Austausch von Finanzdaten, der vor allem im Zahlungsverkehr Anwendung findet, steht dem Zahlungsverkehr ein neues Datenzeitalter bevor, das strukturierte Informationen, verbesserte Transparenz und automatisierte Verarbeitung mit sich bringen. Er unterstützt einen standardisierten, effizienten und sicheren Informationsaustausch zwischen Finanzinstituten und ihren Kunden. Doch so viel Potenzial bringt auch einen hohen Grad an Komplexität mit sich – insbesondere für Institute, die noch stark auf ältere Systeme setzen.
PSD2 hat bereits in der Vergangenheit das Fundament gelegt – nun steht PSD3 in den Startlöchern. Die europäische Finanzlandschaft erlebt mit PSD2 und der bevorstehenden PSD3-Richtlinie einen tiefgreifenden Wandel, der Sicherheit, Wettbewerb und Innovation im Zahlungsverkehr fördert. PSD2 hat bereits durch Open Banking und starke Kundenauthentifizierung neue Standards gesetzt, während PSD3 die Bekämpfung von Betrug, Verbraucherschutz und Harmonisierung weiter vorantreibt. Die neue Richtlinie stärkt zudem gleiche Wettbewerbsbedingungen, verbessert die Bargeldverfügbarkeit und unterstützt ein dynamischeres, sicheres Finanzökosystem. So schafft PSD3 die Grundlagen für einen modernen, integrierten und vertrauenswürdigen europäischen Zahlungsmarkt. Mehr Sicherheit, mehr Kontrolle, aber auch neue Anforderungen an Schnittstellen, Identifikationsverfahren und Kundenschutz.
Ergänzt wird das Ganze durch DORA – der Digital Operational Resilience Act – eine EU-Verordnung, die die digitale Widerstandsfähigkeit von Finanzunternehmen verbessern soll. Ziel ist es, diese Unternehmen besser gegen digitale Bedrohungen wie Cyberangriffe oder IT-Störungen zu schützen. Die Verordnung etabliert einen einheitlichen rechtlichen Rahmen für den Umgang mit Risiken im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) innerhalb des Finanzsektors. Für Banken, Zahlungsdienstleister und Cloud-Anbieter bedeutet das: mehr Pflichten, mehr Prüfungen, mehr Verantwortung.
Neben der Regulatorik prägt auch die Technik den neuen Zahlungsverkehr. EBICS 3.0 ist die aktuelle Version des Electronic Banking Internet Communication Standard und ermöglicht einen sicheren elektronischen Datenaustausch zwischen Unternehmen und Banken im Zahlungsverkehr. Mit dieser Version wird der Standard europaweit vereinheitlicht und ersetzt nationale Varianten. Die Weiterentwicklung bringt erweiterte Funktionen sowie verbesserte Sicherheitsmechanismen mit sich und ist längst mehr als ein Nischenthema. Es setzt auf stärkere Authentifizierung und erlaubt neue Anwendungsszenarien.
Gleichzeitig drängt Künstliche Intelligenz (KI) in immer mehr Bereiche vor – von der Betrugsprävention bis zur Zahlungsstrom-Optimierung. KI-gestützte Systeme analysieren Muster, prognostizieren Ausfälle und automatisieren Entscheidungen. Die Einsatzmöglichkeiten sind vielversprechend – der rechtssichere Rahmen ist allerdings oft noch im Aufbau.
Wer glaubt, der Zahlungsverkehr sei ein reines Bankenthema, irrt. Neue Marktakteure, verändertes Konsumentenverhalten und digitale Ökosysteme machen ihn zur strategischen Plattform.
Nie war Zahlungsverkehr strategisch relevanter. Regulatorik, Technologie und Markttrends wirken gemeinsam auf ein System ein, das lange Zeit als gesetzt galt. Wer diesen Wandel versteht und gestaltet, verschafft sich klare Vorteile – sei es als Finanzinstitut, Technologieanbieter oder Unternehmen.
Die Zukunft des Zahlungsverkehrs ist schnell, digital, sicher – und vor allem: spannend. Bringen Sie Ihr Wissen mit unserem Seminar Update Zahlungsverkehr: Regulierungen, Herausforderungen und Trends auf den aktuellen Stand!