Business Casual gilt als der moderne Mittelweg zwischen formeller Bürokleidung und lässigem Freizeitstil. Viele Menschen glauben, dass ein professioneller Look das Selbstbewusstsein stärkt. Zudem gibt es zahlreiche Studien, die einen Zusammenhang zwischen dem Verhalten von Personen und der getragenen Kleidung feststellen. Unsere Studie an der Frankfurt School of Finance & Management hinterfragt diese Ergebnisse. Sie zeigt, dass der Kleidungsstil selbst nicht mit dem Selbstbewusstsein korreliert. Allerdings ergab sich ein interessantes Nebenergebnis, das wichtige Implikationen sowohl für Recruiter als auch für Bildungseinrichtungen mit sich zieht.
In Universitäten, Bildungseinrichtungen und der Arbeitswelt spielt das äußere Erscheinungsbild eine wichtige Rolle. Auch hier an der Frankfurt School sieht man vermehrt Studierende, die Business Casual tragen. Ob bei Präsentationen, Prüfungen, Vorstellungsgesprächen oder im Berufsalltag – der Look ist nicht mehr wegzudenken. Doch führt dieser Kleidungsstil tatsächlich zu mehr Selbstbewusstsein? Unsere Hypothese: Wer Business Casual trägt, weist ein höheres Selbstbewusstsein auf.
Um diese Frage zu beantworten, haben wir eine Online-Umfrage unter 132 Frankfurt School Studierenden durchgeführt. Die Teilnehmenden gaben an, welchen Dresscode sie bevorzugen. Unterschieden wurde zusammenfassend zwischen Business Casual, Casual und Athleisure. Das Selbstbewusstsein wurde im Anschluss anhand der Rosenberg Self-Esteem Scale gemessen. Die Rosenberg Self-Esteem Scale besteht aus zehn einfachen Fragen, die das Selbstwertgefühl einer Person messen. Die Teilnehmenden bewerteten Aussagen wie „Ich bin mit mir selbst zufrieden“ oder „Ich wünschte, ich hätte mehr Selbstachtung“ auf einer Skala von eins bis fünf. Die Antworten wurden zu einem Gesamtwert zwischen 10 und 50 Punkten zusammengefasst. Je höher der Wert, desto ausgeprägter das Selbstbewusstsein. Das Ziel dieser Umfrage war, die Selbstwahrnehmung so objektiv wie möglich zu erfassen. Um den Zusammenhang zwischen den beiden Messwerten zu ermitteln, haben wir eine Regressionsanalyse angewendet.
Die Analyse der Daten konnte keine signifikante Korrelation zwischen dem Kleidungsstil und dem Selbstbewusstsein erkennen. Unabhängig vom ausgewählten Kleidungsstil haben sich die durchschnittlichen Werte des Selbstbewusstseins in den Gruppen kaum unterschieden.
Unsere Hypothese wurde also widerlegt. Ein schickerer Dresscode bedingt also nicht, dass die Teilnehmenden selbstbewusster sind oder selbstbewusste Teilnehmende mehr Business Casual tragen.
Ein Nebenergebnis war jedoch bemerkenswert. Es zeigte sich ein Zusammenhang zwischen dem empfundenen Druck bezüglich eines bestimmten Dresscodes und einem tendenziell niedrigeren Selbstbewusstsein. Studierende, die angaben, sich unter Druck gesetzt zu fühlen, einen bestimmten Dresscode zu tragen, gaben tendenziell ein geringeres Selbstbewusstsein an.
Viele Recruiter achten bei Bewerbungsgesprächen oder Karrieremessen auf das äußere Erscheinungsbild und den Dresscode. Doch unsere Studie zeigt, dass Kleidung allein nicht der entscheidende Faktor für Selbstbewusstsein ist. Statt sich also auf die getragene Kleidung zu konzentrieren, sollten Unternehmen lieber auf Fachkompetenz, Kommunikation und Persönlichkeit achten.
Auch für Universitäten und Unternehmen gibt es eine wichtige Erkenntnis: Strenge Dresscodes könnten eher verunsichern als stärken. Besonders wenn Mitarbeitende oder Studierende sich genötigt fühlen, einen bestimmten Stil zu tragen, könnte dies mit einem niedrigeren Selbstbewusstsein in Zusammenhang stehen. Ein entspannter, authentischer Umgang mit Kleidung könnte dazu beitragen, dass sich Studierende und Mitarbeitende wohler fühlen.
Das Ergebnis ist ebenfalls für Schulen relevant. Gerade im Ausland sind Schuluniformen oder strikte Dresscodes an der Tagesordnung, wobei der Ansatz immer wieder zu Diskussionen führt. Unsere Umfrage hat gezeigt, dass die Höhe des Selbstbewusstseins mit dem empfundenen Druck, einem Dresscode zu entsprechen, in Zusammenhang steht. Auch könnte der Zusammenhang in die andere Richtung wirken. Studierende mit niedrigem Selbstbewusstsein empfinden Dresscodes als stärkere Belastung. Hier gilt es eventuell zu prüfen, ob dieses Ergebnis noch zu weiteren negativen Auswirkungen führt, die die Lernleistung oder das Wohlbefinden negativ beeinflussen.
Unsere Studie an der Frankfurt School zeigt, dass Business Casual nicht automatisch selbstbewusster macht. Viel wichtiger ist, sich in seiner Kleidung wohlzufühlen. Besonders der empfundene Druck durch eine Pflicht eines bestimmten Dresscodes steht im Zusammenhang mit dem Selbstbewusstsein. Aus diesem Grund sollte auf eine Dresscode-Pflicht verzichtet und leistungsbezogene Indikatoren als Bewertungsmaßstab für Selbstbewusstsein herangezogen werden.
Co-Autoren
Kilian Becker-Gonzalez, Vu David Tran und Janek Braun
Bachelor in Business Administration, class of 2027