Ob wir als Erwachsene mutig in Aktien investieren oder lieber auf das Sparbuch setzen, entscheidet sich häufig lange vor dem ersten eigenen Depot – nämlich zu Hause. Unsere Studie, durchgeführt im Rahmen des Kurses „Angewandte Forschungsmethoden“ unter der Leitung von Prof. Dr. Giamattei an der Frankfurt School of Finance & Management, zeigt, dass das Anlageverhalten der Eltern und die familiäre Kommunikation über Geld zentrale Einflussfaktoren für die spätere Risikobereitschaft ihrer Kinder sind.
In Deutschland wird derzeit intensiv über die Zukunft der Altersvorsorge diskutiert. Angesichts demografischer Veränderungen und der Idee einer kapitalgedeckten Aktienrente erwägen junge Menschen, immer früher selbst Verantwortung für ihre finanzielle Sicherheit zu übernehmen. Gleichzeitig wurde in der Jugendstudie des Bundesverbands deutscher Banken (2024) deutlich, dass vier von fünf befragten Personen zwischen 14 und 24 Jahren den Unterricht zu wirtschaftlichen Themen als unzureichend empfinden. Fällt die Schule als Vermittlerin grundlegender Finanzkompetenzen aus, rückt das Elternhaus zwangsläufig in den Mittelpunkt – und hier setzt unsere Untersuchung an:
Haben die elterlichen Investitionsrisiken einen Einfluss auf die finanzielle Risikobereitschaft ihrer Kinder?
Um diese Frage zu beantworten, führten wir im Oktober 2024 eine Onlinebefragung unter Studierenden der Frankfurt School of Finance & Management durch. Teilnehmen konnten alle Bachelor-Studierenden, die zeitgleich das Modul „Angewandte Forschungsmethoden“ belegten. Von 117 eingegangenen Fragebögen waren 99 vollständig und methodisch verwertbar. Dabei erfassten wir zunächst demografische Angaben, das persönliche Anlageverhalten sowie die individuelle Risikoneigung der Studierenden. Anschließend stellten wir analoge Fragen zum Investmentverhalten der Eltern, fragten nach der Häufigkeit von Gesprächen über Geld und baten die Studierenden, die Finanzkompetenz ihrer Eltern einzuschätzen.
Unsere Analyse zeigt:
Dass Eltern einen so großen Einfluss haben, überrascht kaum. Laut Gudmunson und Danes (2011) sind sie die erste und wichtigste Sozialisationsinstanz für ökonomisches Verhalten. Fehlt dort fundiertes Wissen, bleibt der intergenerationale Transfer aus und junge Menschen müssen sich Finanzwissen selbst erarbeiten. Da schulische Lehrpläne Finanzthemen bisher allenfalls am Rande behandeln, werden Lernende häufig auf einen Flickenteppich aus Internetvideos, Social-Media-Kanälen oder Peergroups verwiesen – mit entsprechend schwankender Qualität. Unsere Befunde unterstreichen daher die Notwendigkeit, Finanzbildung auf zwei Säulen zu verankern: im Elternhaus und als verbindlichen Bestandteil schulischer Curricula.
Elterliche Rolle
Eltern können ihre Kinder wesentlich unterstützen, wenn sie Finanzthemen regelmäßig ansprechen und nachvollziehbar erklären, welche Überlegungen zu einer Anlageentscheidung führen und auch eigene Fehler offenlegen. Zeigt sich im Gespräch, dass Fachwissen fehlt, sollten Eltern gemeinsam mit ihren Kindern auf seriöse Quellen – etwa anerkannte Ratgeber, Online-Kurse von Bildungseinrichtungen oder praxisnahe Workshops einer Universität – zurückgreifen. So entsteht eine Lernpartnerschaft, in der beide Seiten Wissen aufbauen und reflektieren.
Auftrag an die Schule
Durch das Bildungssystem kann der finanzielle Grundstein gelegt werden, indem ökonomische Inhalte verbindlich in Lehrplänen verankert, Lehrkräfte für Finanzthemen fortgebildet und praxisorientierte Formate wie Planspiele, Musterportfolios und Gastvorträge aus der Finanzpraxis etabliert werden. Eine systematische schulische Verankerung führt zu Chancengleichheit, da der Einfluss des Elternhauses zwar nicht ersetzt, aber ergänzt wird.
Eigenverantwortung der Studierenden
Junge Erwachsene profitieren davon, ihr persönliches Anlageverhalten bewusst auf familiäre Prägungen zu prüfen. Wer erkennt, dass eine hohe oder niedrige Risikoneigung womöglich übernommen wurde, kann sie gezielt hinterfragen. Ergänzend hilft der gezielte Aufbau von Fachkompetenz – etwa durch Hochschulseminare, wissenschaftliche Literatur oder zertifizierte Weiterbildungsangebote. Ebenso wertvoll ist der Austausch mit erfahrenen Anlegerinnen und Anlegern, beispielsweise in Investment-Clubs oder Fachkonferenzen.Durch das Zusammenspiel dieser drei Ebenen – Eltern, Schule, Lernende – kann sichergestellt werden, dass Anlageentscheidungen stärker auf Fakten als auf Zufall beruhen.
In unserer Untersuchung wurde klar: Das finanzielle Entscheidungsverhalten junger Erwachsener ist tief im Elternhaus verwurzelt und wird zusätzlich von fehlender schulischer Unterstützung geprägt. Sowohl das konkrete Investitionsverhalten der Eltern als auch die Häufigkeit, mit der zu Hause über Geld gesprochen wird, hinterlassen langfristige Spuren im Risikoverhalten ihrer Kinder. Ein regelmäßiger, offener Dialog über Finanzen vermittelt – selbst ohne Expertenstatus – grundlegende Prinzipien des Chancen-Risiko-Abwägens und schafft ein stabiles Fundament für späteres Investieren. Perspektivisch sollte Finanzwissen daher nicht dem Zufall überlassen werden. Wenn wirtschaftliche Grundkompetenzen systematisch im Schulcurriculum verankert und durch einen lebendigen Finanzdialog im Elternhaus ergänzt werden, erhalten alle Jugendlichen die Chance, rationale und informierte Anlageentscheidungen zu treffen. Wer die eigene finanzielle Zukunft langfristig erfolgreich gestalten möchte, sollte sich bewusst machen, welche unbewussten Muster das eigene Handeln steuern, diese mithilfe fundierter Informationen reflektieren und das Gelernte in Gesprächen verankern. Ein gut geführtes Gespräch über Geld ist dabei oft wertvoller als die vermeintlich nächste heiße Anlageidee.