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Kaum Bewerber im Azubi-Recruiting – und die meisten ungeeignet
Executive Education / 21 November 2018
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Referentin Aus- und Weiterbildung
Brigitte Teschner arbeitet seit 2010 als Referentin an der Frankfurt School im Bereich der Aus- und Weiterbildung. In dieser Funktion ist die für Projekte rund um die Qualifizierung von Ausbildern und Auszubildenden verschiedener Berufsgruppen verantwortlich.

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Veränderungen im Recruiting von Auszubildenden stellt Unternehmen vor große Herausforderungen.

Wenn wir auf Messen oder bei Unternehmensbesuchen mit Personalern zum Thema Azubi-Recruiting sprechen, werden verstärkt Aussagen getroffen, dass stetig weniger Bewerbungen zu offenen Ausbildungsplätzen eingehen und viele davon für eine Einstellung ungeeignet sind. Als Folge davon können mehr und mehr Ausbildungsplätze nicht mehr besetzt werden.

Die Schuld daran wird bei den potenziellen Azubis gesehen: Diese könnten noch nicht mal die Bewerbungsunterlagen richtig und vollständig ausfüllen – und Praktika wollen sie auch noch alle machen. Es zeigt sich, wie mühsam der Bewerbungsprozess sein kann.

Aber sind es wirklich nur die Bewerber? Kann man jungen Menschen, Schulabgängern, angehenden Azubis wirklich vorwerfen, dass sie sich ein Bild von dem Unternehmen vor Ort machen wollen, in dem sie die nächsten Jahre verbringen wollen? Und sollten wir uns hier nicht an die eigene Nase fassen, da wir immer noch dem Denken unterliegen, dass der Bewerber dankbar für einen Ausbildungsplatz sein sollte, wir hingegen unendliche Anforderungen stellen dürfen und bei dem kleinsten Fehler in der Bewerbung diese bereits auf den Ablehnungsstapel legen können? Die meisten Schüler wissen um die Misere der Unternehmen und können sich fast sicher sein, einen Ausbildungs- oder Studienplatz zu erhalten – immerhin wird dies in den Medien breit getreten.

Ein Umdenken der Personal- und Ausbildungsverantwortlichen ist also zwingend erforderlich. Es fängt schon bei den Karriere-Websites an. Oft kaum zu finden, weil neben dem Impressum versteckt, dazu noch unpersönlich mit langen Phrasen und hohen Anforderungen gespickt, ohne die wahren Fragen der Bewerber zu beantworten: Wie sieht der zukünftige Alltag in der Praxis aus? Wie viel verdiene ich und welche Perspektiven habe ich nach der Ausbildung?

Neue Wege für das Ausbildungs-Marketing

Die jungen Leute spielen doch sowieso den ganzen Tag nur mit ihrem Smartphone … und da ist schon das nächste Problem: Welchen Social-Media-Kanal soll man als moderner Personaler für das Recruiting nutzen? Facebook, Instagram, Snapchat oder Apps wie zum Beispiel Talentscout oder Jobufo? Na klar – bevor wir etwas falsch machen oder gar einen Shit-Storm herauf beschwören, machen wir lieber gar nichts und schalten eine Print Anzeige in der örtlichen Zeitung, in der Hoffnung, dass die lieben Eltern sie lesen. Das hat ja schon immer gut geklappt.

Aber ist das der richtige Weg? Es geht auch anders: Lassen Sie zum Beispiel Ihre aktuellen Azubis als Projekt einen Social-Media-Kanal füttern, indem sie Fotos und kleine Videos aus ihrem Arbeitsalltag posten und so Freunden und Bekannten in ihrem Alter das Unternehmen kostenlos und zielgruppengerecht präsentieren. Es gibt zahllose Ansätze und Ideen – nutzen Sie die Expertise Ihrer Azubis und binden Sie sie in Ihr Ausbildungsmarketing ein. Der Erfolg ist Ihren garantiert.

Womit beginnen? Fragen Sie einen Youngster, einen Blick auf Ihre Website zu werfen – sozusagen aus Bewerbersicht. Das könnte ein Mitarbeiterkind, ein Jugendlicher aus dem Sportverein oder ein Azubi aus einem anderen Unternehmen – es findet sich sicher ein Freiwilliger, der diese Aufgabe gerne übernimmt. Sie werden überrascht sein, welche Rückmeldungen Sie erhalten.

Sie erhalten mehr Anfragen für Praktika als Sie erfüllen können? Herzlichen Glückwunsch! Es gibt keine bessere Gelegenheit, sich gegenseitig kennenzulernen, um zu sehen, ob man für eine Ausbildung zusammenpasst. Auch wenn das Betreuen von Praktikanten vielleicht nicht zu den Lieblingsaufgaben Ihrer Mitarbeiter zählt – es ist eine Investition in die Zukunft Ihres Unternehmens. Und Sie können nicht alle unterbringen, weil alle im gleichen Zeitraum kommen möchten? Dann laden Sie doch die übrigen Interessierten an einem Tag für zwei Stunden zu Ihnen ins Unternehmen und präsentieren sich – und am besten, Sie laden die Eltern gleich mit ein: Je mehr Multiplikatoren Sie für die Ausbildung in Ihrem Haus haben, umso besser. Wenn Sie diese Veranstaltung dann auch noch als Azubiprojekt durchführen, haben Sie einen Mehrwert für alle Beteiligten.

Ein nachvollziehbarer und transparenter Recruiting-Prozess

Hand aufs Herz: Erhalten wirklich alle Bewerber von Ihnen innerhalb kürzester Zeit eine Eingangsbestätigung mit einem Ausblick, wie und in welchem Zeitraum der Prozess weitergeht und wird dieser dann auch eingehalten? Ein genauer Blick darauf lohnt sich allemal. Offensichtlich gibt es große Diskrepanzen zwischen dem, was Unternehmen meinen zu leisten und dem, wie es beim Bewerber ankommt. Eine schnelle und verbindliche Kommunikation ist die Basis dafür, dass Sie weiter im Rennen bleiben.

Wie und wo finden Ihre Bewerbungsgespräche statt? In offener freundlicher Atmosphäre, in der der Bewerber ein gleichwertiger Gesprächspartner ist und Sie sich als Arbeitgeber bestmöglich präsentieren? Oder sitzen etwa immer noch mehrere streng blickende Prüfer hinter schweren Tischen und quetschen den Bittsteller aus, um ja auch die allerletzte Verfehlung aus dem Kindergarten zu entdecken und einen Grund zu finden, warum er nicht absolut perfekt für den Ausbildungsplatz ist? Wir befinden uns im Ausbildungsmarkt inzwischen in einem Käufermarkt. Natürlich ist nicht jeder Bewerber geeignet, aber denken Sie immer daran, dass er als Multiplikator für Freunde, Mitschüler und Geschwister alles in seine Umgebung weiterträgt, was er bei Ihnen erlebt hat.

Wenn Sie verinnerlicht haben, dass sich der Markt und die Positionen der Beteiligten geändert haben, ist das schon ein großer Schritt für Ihren Recruiting-Erfolg. Eine professionelle Beratung zu dem Thema kann weitere wertvolle Ansätze liefern.

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