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Unternehmensorganisation aus Wolfsrudelsicht
Executive Education / 14 September 2017
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Dozentin Executive Education
Frau Dr. Kunkel hat an der TU München Agrarwissenschaften studiert und dort 1985 im Fach Agrarpolitik promoviert. Ihre berufliche Laufbahn hat sie 1986 als Strategieberaterin bei der Unternehmensberatung McKinsey & Co. in München begonnen. In ihrer Tätigkeit für die Rödl & Partner Gruppe Wirtschaftsprüfung und Consulting von 1993 - 2001 baute sie dort eigenverantwortlich den Bereich M&A auf. Nach ihrer Zeit als freiberufliche Trainerin und Beraterin gründete sie 2006 die Dr. Kunkel GmbH und hält dort die Position der Geschäftsführenden Gesellschafterin inne. Frau Dr. Agnes Kunkel hat einen Lehrauftrag an der Hochschule Ravensburg-Weingarten und ist Dozentin an der Frankfurt School of Finance & Management. Darüber hinaus ist sie Autorin des Buches „Verhandeln nach Drehbuch“ (2006).

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Mensch und Tier verbindet evolutionsbiologisch sehr viel und das Tierreich bietet bei genauerem Hinsehen nicht selten Möglichkeiten bestimmte Verhaltensmuster in der jeweils anderen Gruppe wiederzuerkennen und daraus zu lernen.

Wie der frühe Mensch ist beispielsweise der Wolf ein sozialer, in Gruppen lebender Jäger. In der Gruppe sind Wolf und Mensch stärker in der Abwehr von Feinden und erfolgreicher beim  Aufziehen des Nachwuchses. Das Alphatier ist der Anführer bei der Jagd. Die typische Rudelgröße beträgt 5-20 Tiere abhängig vom Nahrungsangebot.  Das Wolfsrudel beansprucht ein bestimmtes Territorium als sein Jagdrevier das gegen andere Rudel als auch gegen einzelne Artgenossen abgegrenzt und vehement verteidigt wird. Die Reviere benachbarter Wolfsrudel überschneiden sich daher meist nur minimal. Wölfe treffen taktische Entscheidungen. Sie stimmen sich innerhalb des Rudels ab, wohin es zur Jagd geht. Wenn die Nachbarn Probleme machen, sitzen Wölfe das aus, verlassen das Gebiet oder führen Krieg. Ein Rudel kann einen anderen Wolfs-Clan ausrotten.

Hierarchische Unternehmensorganisation – der Wolf im Matrixpelz

Die klassische hierarchische Unternehmensorganisation hat viel mit dem, was die Wolfsbiologie über das soziale Verhalten der Wölfe herausgefunden hat, gemeinsam. Da gibt es beispielsweise Führungskräfte, die Alphatiere. Sie sind verantwortlich für eine Gruppe von Mitarbeitern, typischerweise Abteilung genannt. Auch die Größe von Abteilungen erinnert stark an die von Wolfsrudel. Kleine Gruppen von 5 bis 10 Personen. Es können jedoch auch einmal mehr sein. Im Bereich zwischen 20 – 50 Mitarbeitern stößt die Größe für eine Abteilung an eine natürliche Kommunikationsgrenze. Eine alte Faustregel sagt, dass bei einer Führungsspanne von über zehn Mitarbeitern pro Führungskraft Substrukturen wie Teamleiter, Gruppenleiter, Teilprojektleiter benötigt werden.

Dann gibt es Reviere: Aufgabengebiete, Verantwortlichkeiten. Und wie in der Wolfsbiologie wird von einer Kooperation in der Abteilung, jedoch nicht von allzu viel Kooperation zwischen den Abteilungen ausgegangen. Dafür gibt es die hierarchische Stab-Linien-Struktur. Das Oberalphatier an der Spitze der Unternehmensorganisation muss die Bedürfnisse der verschiedenen Unternehmensfunktionen zum Ausgleich bringen. Und wer je einen Change-Prozess mit Änderung des Zuschnitts der Aufgabengebiete begleiten durften, der kennt sie auch, die alten Taktiken des Wolfsrudels: Aussitzen, abwandern, Kleinkrieg und Konflikt.

Die Matrixorganisation und das Wolfsrudel

Die Einführung einer Matrixorganisation ist eine Gestaltungsmöglichk
eit für ein Unternehmen. Oftmals entstehen dabei mit der Einführung einer Mehrlinienorganisation Probleme durch Zuständigkeits-Überkreuzungen. Wenn sich die Missverhältnisse auswachsen, wird in aller Regel die personelle Weisungsbefugnis auf eine einzige Linie beschränkt. Jeder Mitarbeiter hat also nur einen unmittelbar weisungsberechtigten Vorgesetzten. Die Struktur des Wolfsrudels lässt grüßen! Und wie sieht das in der Praxis dann im Betrieb oftmals aus? Da lohnt es sich zu schauen was im Wolfsrudel passiert

Als sozialer Jäger, der in Clans organisiert ist und sein Revier verteidigt, kennt der Wolf im Rudel keine Matrixorganisation. Die Reviergrenzen sind genau gezogen und werden gegen potentielle Eindringlinge verteidigt. Wölfe sind schlau und flexibel. Wenn von oben die Matrix-Organisation verordnet wird, hat der Wolf kein Problem. Er wird sich sowieso durchsetzen. Also kein Problem mit dem „Lippen-Bekenntnis“ zur Matrixorganisation. Und schon ist der Wolf im Matrixpelz fertig. Und mit Blick auf das Geschehen im Unternehmen: die Mitarbeiter sind froh, wenn sie sich an einer klaren Führungsperson ausrichten können.

Die Versöhnung mit dem Wolf – Führen und managen in der Matrixorganisation

Jeder von uns ist auch etwas Wolf und das ist für das Überleben in großen Organisationen vielleicht auch gar nicht schlecht. Weg vom Rotkäppchen-Monster hin zur realistischen Einschätzung. Wenn Unternehmen, wie es heute in größeren Betrieben typisch ist, auf Elemente der Matrixorganisation setzten, sollten sie sich für den „Wolf im Matrixpelz“ rüsten. Jeder von uns trägt ihn in sich: Die Gene des revier-gestützten Jägers! Alleine mit abstrakten Prozessbeschreibungen wird das Problem nicht gelöst.

Hier gilt es sich an den Stärken des Wolfes zu orientieren. Wölfe sind sozial und unternehmen gerne etwas. Bedingung ist, man wird eher als Mitglied des eigenen Rudels wahrgenommen, denn als feindlicher Clan. Gemeinsamkeit entsteht über gemeinsame Zeit. Beteiligen Sie sich an den Unternehmungen des Nachbarrudels, sprich der anderen Abteilung. Damit dafür die notwendigen Kapazitäten bereitstellen können, muss als erstes die Organisation des eigenen Bereichs überdacht werden, bevor man in die spannende Welt der Nachbarwölfe eintaucht.

Erfrischende und Mut machende Anregungen für den Umgang mit dem „Wolf im Matrixpelz“ in Unternehmensstrukturen bietet das Seminar: Führen und Managen in der Matrixorganisation.

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